Donnerstag, März 20, 2014

Trinkwasser



Feine und besonders teure Restaurants beschäftigen vielfach einen Sommelier, einen Weinkellner. Dieser sollte den Gast bei der Auswahl der Weine beraten. Das Wort ist abgeleitet vom französischen Dialektwort „saumalier“, bedeutet nichts unanständiges sondern „Saumtierführer“. Er handelt sich somit um eine Person, die Esel, Maultiere und andere Gäste durch die Weinkarte führen sollte.
Meine Erfahrung mit solchen „Führern“ ist allerdings nicht besonders gut. In vielen Fällen sind sie nichts anderes als Restpostenverkäufer von zweifelhaftem Niveau. Ihr vielfach mangelndes Fachwissen kompensieren sie durch fantasievolle Uniformen, höfisches Benehmen und besserwisserisches Getue.
In Zeiten des rückläufigen Weinkonsums haben nun kreative Luxusgastronomen ein Sondersetting für ihre nutzlos werdenden Weinkellner erfunden und den Beruf des Wasser-Sommeliers geschaffen. Allerdings lässt der folgende Satz auf der Umschlagseite eines Wasser-Menus Schlimmstes befürchten:
„Unser Wasserkellner kann die verschiedensten Wasser identifizieren und sie an ihrem Geschmack erkennen.“ Wer solch einen Schrott schreibt, hat wahrlich zu viel Wasser getrunken. Werfen wir einen Blick auf ein solches „Menu“: GIZE goldgefiltertes Wasser aus Kanada,  10 THOUSAND BC aus kanadischem Gletschereis, CLOUD JUICE Regenwasser aus Tasmanien (exakt 9'750 Tropfen),  FIJI „Taste of Paradise“ aus der Südsee,  VOSS aus Norwegen (Design Calvin Klein), AQUA ARMANI aus Italien, BLING H2O mit Swarowski Steinchen. Diese Mineralwässer sind in exklusiven Restaurants zu Preisen ab 35.-- bis 120.-- Franken pro Liter zu haben. Das Teuerste stammt aus Japan, heisst ROKKO NO MIZU und kostet im Hotel Adlon in Berlin 156.— Franken!

Ich aber empfehle Basler Trinkwasser. Direkt ab Röhre kostet es 0.34 Rappen pro Liter – inkl. Abwassergebühren.

P.S. Am 22. März ist Weltwassertag.


Alle Angaben zu meinen Büchern finden Sie hier: www.gsellschreibt.blogspot.com








Donnerstag, März 13, 2014

Oliven


Nun, wenn Sie diese Zeilen lesen, sind sie wieder passé, die schönsten und aufregendsten drei Tage. (Natürlich ist die Basler Fasnacht auch vorbei, wenn Sie diese Zeilen nicht lesen.) Da ich weder kalte noch nasse Füsse und schon gar nicht beides zusammen mag, bin ich auch dieses Jahr wieder kurzfristig ausgewandert. Mir fehlt ganz einfach die benötigte Portion Masochismus. Ich bin also ein vollkommen unlustiger Mensch. Ganz im Gegensatz zu meiner Nachbarin, Frau Bollenmoser, die eben nach Hause gekommen ist. Das Piccolo hängt ihr wie ein lebloses Würstchen zwischen den spröden Lippen. Deshalb wende ich mich jetzt wieder den schönen Dingen des Lebens zu, dem Essen und Trinken, der Gastfreundschaft. Ich werde mich heute mit der Olive, genauer gesagt mit der gefüllten Olive beschäftigen. Als Kind habe ich mir vorgestellt, wie kleine Mexikaner unter riesigen Sombreros Löcher in die Oliven bohren und dazu “La Cucaracha” singen. Im Takt entfernten sie die Steine und füllten den frei gewordenen Platz mit Peperonis auf. Das Resultat: eine Olive die keine wirkliche Olive mehr war. Natürlich weiss auch ich heute, dass nicht kleine Mexikaner sondern grosse Maschinen diesen kulinarischen Sündenfall produzieren. Gottseidank verwenden nur nur noch die einfältigsten Köche diese Kümmerlinge zur Dekoration farbloser Gerichte. Nebenan hat Frau Bollenmoser zum fasnächtlichen Endstreich angesetzt. Ob sie wohl weiss, dass Beethoven einer der ersten war, der die Piccoloflöte in seinen Werken verwendete, um Naturlaute nachzuahmen? Das Piccolo wurde immer wieder für besondere Effekte genutzt. So setzte Mozart in der „Zauberflöte“ das Piccolo zur humoristischen Darstellung von Eunuchen ein. In vielen Werken wurde der stechende und schrille Fortissimo-Klang auch gerne zur Verstärkung von Schreckensszenen genutzt. Denken Sie daran, wenn Ihnen das nächstemal eine gefüllte Olive begegnet!



 

Donnerstag, März 06, 2014

Pflichtesser

Eigentlich wäre es Zeit für ein paar nachdenkliche Zeilen zum närrischen Treiben, zur Fasnacht und zum Morgestraich. Als Wahlbasler erwartet man von mir vielleicht erklärende Worte zu Räppli, Cortège, Waggis und alten Danten. Da ich jedoch erst seit wenigen 30 Jahren am fasnächtlichen Rheinknie lebe, ist es mir noch nicht gelungen, alle Geheimnisse zu lüften. Ein Kommentar wäre deshalb verwegen und würde nur erregte Leserbriefe zum Thema Integration provozieren. Auch zur Trommel habe ich bis heute keinen musikalischen Zugang gefunden. Piccolo trinke ich lieber als es zu blasen und die dissonanten Klänge angeheiterter Spontanblechmusiker mag ich aus sachlichen Gründen nicht kommentieren. Als mehr dem Wort zugewandten Menschen warte ich jedoch auch dieses Jahr gespannt auf die Schnitzelbänke. Allerdings werde ich mir diese Kunststücke nicht mehr als Pflichtesser anhören. Ich mag Schnitzelbänke, aber keine Pflichtschnitzel auf Pflichtbänken. Der karnevalistische Dichtestress verursacht bei mir körperliches Unbehagen. Nachdem ich vor einigen Jahren einen Hörsturz erlitt (Trompete), die Rahmsauce zum Verzehr ungeeignete Einlagen aufwies (Konfetti) und das angekündigte Schnitzel (Kalb) garantiert ein Schwein zur Mutter hatte, verzichte ich auf dieses zweifelhafte Vergnügen. Mit Schrecken erinnere ich mich an überteuerte Weissweine zweifelhafter Herkunft. (Freund Max behauptete letzthin, die seien derart schlecht gewesen, er hätte nicht einmal ein anständiges Grindweh davon bekommen!) Auch die Aussicht auf einen fasnächtlichen Table-Dance - speichelnde Posaunisten und grosse Pauken in dreckigen Schuhen - kann mich nicht von diesem Entschluss abbringen. Ich werde mir deshalb die Verse von Zuträgern, Helfershelfern und anderen Medien beschaffen lassen. Und ganz ohne Schnitzel, Pflicht und Dissonanzen die hohe Kunst der Sprüche geniessen.




Alle Angaben zu meinen Büchern finden Sie hier: www.gsellschreibt.blogspot.com