Freitag, Februar 27, 2015

1979

Khomeini – der Vater aller Bartträger – hat den Schah von Persien in die Wüste geschickt und plant die Eroberung der Welt. Die Russen machen sich daran Afghanistan zu besetzen, der Feind steht keine 5'000 km mehr vor der Schweizer Grenze: Wir beschliessen auszuwandern. Doch wohin? Neuseeland ist zu kalt, Thailand zu heiss. Ein Hotel in der Karibik kaufen? Die Meteorologen raten uns davon ab: Der Meeresspiegel sei weiter am steigen und das Ressort könnte bereits in wenigen Jahren unter Wasser stehen. Haie würden durch das Restaurant schwimmen und sich von Delfinen flippige Drinks und Fischstäbli servieren lassen. Wir entscheiden uns angesichts dieser Ausgangslage für die Immigration ins obere Baselbiet. Als Thurgauer hatte ich zwar keine Ahnung, was mich dort erwarten würde. Zudem hatte uns Tante Elise aus dem Waldenburgertal vor „Rampassen“ und seltsamen Bräuchen gewarnt.

Eines Tages stand der Zügelwagen vor der Türe und bereits am Abend waren wir in Sissach gelandet; todmüde fielen wir in unsere Betten. Am nächsten Tag wurden wir von seltsamen Geräuschen aus dem Mittagsschlaf getrommelt, sie beleidigten mein im “Ottenberger Singkreis“ gestähltes Ohr. Hatte Tante Elise etwa recht gehabt mit ihren Bemerkungen über seltsame Bräuche? Standen sogar etwelche „Rampassen“ vor unserer Haustüre?

Mit unsern beiden Jungs (5 und 6) machten wir uns auf, das atonale Jammertal zu suchen und wurden auch schon bald fündig. Es herrschte Fasnacht, ein unendlicher Zug seltsam gekleideter Wesen zog durch die Bahnhofstrasse. Als Thurgauer kannte ich nur die Beizenfasnacht, meine Frau stammt aus Thun und kannte überhaupt keine Fasnacht, einer der Jungs erlitt angesichts der Gestalten einen Schreikrampf und beschloss, nach Hause zu gehen.

Einige Wochen später. Freitagabend. Als die Erde bebte, versuchte ich mich an die Anweisungen des Schweizer Erdbebendienstes zu erinnern. Die folgende Explosion war gewaltig. Ich trieb die Familie immediat in den Härdöpfelkeller und holte das Sturmgewehr unter dem Ehebett hervor. Anschliessend warf ich mich hinter der Ottomane in Stellung und schliff das Bajonett. Diesen verdammten Russen würde ich es schon zeigen! Doch kein Russe zeigte sich, draussen vor dem Tore war es ruhig, im nahen Wald falteten die Rehlein ihre Zehlein. Ich beschloss, vorsorglich die Polizei zu verständigen.
Überfall, die Russen stehen schon an der Beresina, oder an der Ergolz, oder sonst wo. Was soll ich tun?“
Stellung halten! Wir schicken sofort die Panzer!“ rief der Diensthabende und bekam einen durchdringenden Lachanfall. „Diesmal werden wir den Bomber von Sissach erwischen!“

Doch auch diese Nacht fassten sie den Hochzeitsbomber nicht und die Sissacher lachten sich einen Schranz. Wir aber hatten bereits nach kurzer Zeit die ersten Baselbieter Bräuche kennengelernt. Wir möchten sie nicht mehr missen. Die Bräuche. Und die Baselbieter.