Samstag, Januar 31, 2015

Inselsammler

Kowalski sammelt alte Karabiner und hängt sie an die Wand. Hurni sammelt Briefmarken und klebt sie in ein Album. Spiess sammelt Schmetterlinge und spiesst sie auf. Gsell sammelt Inseln. Was aber macht man mit Inseln? Gar nichts. Man sammelt sie und archiviert die Erinnerungen und Geschichten platzsparend im Hirni.

Am Ursprung meiner Sammelleidenschaft stand eine merkwürdige Begegnung........
Als ER das Restaurant betrat, wurde es totenstill. Nur aus der Küche hörte man fröhlich vor sich hin klappernde Töpfe und Teller gegen das nahe Kirchengeläut ankämpfen. Der Grund der Stille war eine männliche Erscheinung von stattlicher Grösse. Eine Erscheinung die es gewohnt war, dass die Zeit kurz angehalten wurde, wenn sie einen Raum betrat.

Der Graf, der Herr Graf!“ entfuhr es Mägi, der Serviertochter.

Wollen Seine hochwohllöbliche Existenz ......“

Hör auf mit dem Schmarren, Mägi“, entgegnete Jan Bernadotte, Graf von Wisborg und wohnhaft auf der Insel Mainau, mit dröhnender, jedoch nicht unfreundlicher Stimme und setzte sich zu uns an den Tisch. Mit offenem Mund lauschten wir seinen Geschichten. Geschichten von Königen, Prinzen und wilden Nächten auf der Insel Mainau. In diesem Moment beschloss ich, ebenfalls Besitzer eines Eilands zu werden. Nachdem ich meinen Lehrlingslohn hochgerechnet hatte, kam ich zur Erkenntnis, dass ich noch 874 Jahre arbeiten musste um mir eine kleine Sandbank im Bodensee kaufen zu können. Ich verwarf deshalb meinen Plan umgehend und entschied mich, fortan Inseln zu sammeln. Zum Beispiel die Insel Ik in Mikronesien.

Im Jahre 1564 verliess einmal mehr eine spanische Armada die Heimat in Richtung Asien. Klarer Auftrag auch diesmal: Gewürze, Gold und Ländereien für das Königshaus. Mit dabei war auch die San Lucas unter dem Kommando von Kapitän Alonso de Arellano.

Es war möglicherweise der 6. März 1565 als der Ausguck, ein junger Seemann unbekannten Namens jedoch spanischer Abstammung, die kleine Insel entdeckte. Sein erlösender Aufschrei hallte über das Schiff. Selbstverständlich wissen wir nicht, was er denn genau gerufen hat. Da er den Ausruf mit grösster Sicherheit in einem mittelalterlichen spanischen Dialekt tat, hätten wir es eh nicht verstanden und so legen wir uns auf ein laut gebrülltes „Land ahoi!“ fest. Kaum hatten sie ruhiges Wasser erreicht, kam auch schon ein Begrüssungscomité angepaddelt und und überreichte Gastgeschenke: Kokosnüsse, Fische und vergorenes Brotfruchtmus. Wer dieses tropische Müsli schon mal gerochen hat, wird diesen Höllengestank nie mehr vergessen! Und so können wir verstehen, dass der Seemann einen Schreikrampf bekam, vor Wut in die Reling biss und sich ins Wasser stürzte. In mondhellen Nächten hört man ihn in der Lagune von Ik mit schauriger Stimme obszöne Lieder singen.


P.S. Muss Kowalski fragen, ob es im Ammeler Weiher auch Inseln gibt.



 

Samstag, Januar 10, 2015

Betelnuss

Wir befinden uns auf hoher See, irgendwo zwischen Neuguinea und Sulawesi. Zeit zum Nachdenken, Zeit für ein Nüsschen oder zwei.

Es ist wahrlich erstaunlich, was sich Menschen einfallen lassen, um ihren Geist zu befreien. Nicht dass man auf den indonesischen Inseln keinen Alkohol oder andere Drogen finden würde. Die wahre Liebe jedoch gilt der Betelnusspalme, beziehungsweise deren Nüsschen, die man sich gerne und regelmässig hinter die Backen schiebt. Damit sich deren Wirkung so richtig schön entfalten kann, braucht es jedoch noch weitere Zutaten. Die halbierte Nuss wird zuerst mit pulverisiertem Korallenkalk bestreut und anschliessend mit dem Blatt eines Pfefferstrauches umwickelt. Um den bitteren Geschmack etwas erträglicher zu machen, packt man etwas Tabak oder Pfefferminze dazu. Das ganze Paket wird nun hinter die Backen geschoben und langsam zerkaut. Da das Zeugs die Produktion von Speichel anregt und sich überdies mit der Zeit rot färbt, sind viele Strassen und Böden mit lustigen roten Pickeln gespickt.

Was allerdings die Wirkung anbelangt, kann ich keine abschliessende Aussage machen. Denn selbstverständlich konnte auch ich der Versuchung nach dem ultimativen Palmenkick nicht widerstehen: Auf eine dröge Wirkung – man versprach mir „Wohlbefinden“ – warte ich allerdings noch heute. Auch der mir einst angebotene Drink namens „Puuh-Royale“, eine Art Caipirina mit einer halbierten Betelnuss und einem Blatt Minze konnte mich nicht begeistern.


Die Auswirkungen des jahrelangen Konsums von Betelnuss auf den Liebreiz indonesischer Schönheiten aber sind grausam, wenn nicht sogar grauenhaft. Sollte die Angebetete etwa ihren Kussmund öffnen, wird der Liebende einen teuflischen Abgrund aus schwarzen Zahnstummeln vor rotem Hintergrund erblicken.



Zum letzten Mal berichtet Hanspeter Gsell heute aus Indonesien


Samstag, Januar 03, 2015

Brotfrucht aus Ik

Im Jahre 1564 verliess einmal mehr eine spanische Armada die Heimat in Richtung Asien. Klarer Auftrag auch diesmal: Gewürze, Gold und Ländereien für das Königshaus. Mit dabei war auch die San Lucas unter dem Kommando von Kapitän Alonso de Arellano.



Es war möglicherweise der 6. März 1565 als der Ausguck, ein junger Seemann unbekannten Namens jedoch spanischer Abstammung, die kleinen Inseln entdeckte. Sein erlösender Aufschrei hallte über das Schiff. Selbstverständlich wissen wir nicht mehr, was er denn genau gerufen hat. Da er den Ausruf mit grösster Sicherheit in einem mittelalterlichen spanischen Dialekt tat, hätten wir es eh nicht verstanden und so legen wir uns auf ein laut gebrülltes „Land ahoi!“ fest. Kaum hatten sie ruhiges Wasser erreicht, kam auch schon ein Begrüssungschwadron an gepaddelt und überreichte Gastgeschenke: Kokosnüsse, Fische und abgehangene Brotfrüchte. Wer schon einmal solche fermentierten Früchte gerochen hat, wird diesen Höllengestank nie mehr vergessen! Und so können wir verstehen dass der Seemann einen Schreikrampf bekam, aus Wut in die Reling biss und sich ins Wasser stürzte. Nur mit Mühe konnte man ihn davon abhalten, zurück nach Spanien zu schwimmen.

 
Der Brotfruchtbaum stammt ursprünglich aus Südostasien, heute findet man ihn in tropischen Gebieten rund um die Erde. Aus dem Holz haben die alten Polynesier ihre Kanus gebaut, die Hawaiianer nutzten es zum Bau von Surfbrettern. Die Frucht selbst wiegt gute 2 kg und kann wie Kartoffeln zubereitet werden. Die in der Frucht enthaltenen Samen werden geröstet und zu Mehl gemahlen. Und damit wiederum kann Brot gebacken werden. Aber auch Geschichte hat sie geschrieben, unsere tropische Riesenkartoffel. Nachzulesen im Buch „Die Meuterei auf der Bounty“.