Montag, Juli 27, 2015

Mit Hurni auf der Pfalz

„15.00 Uhr auf der Pfalz, beim Basler Münster“ hatte es auf der Einladung geheissen. „Wir freuen uns, Euch anlässlich unserer Trauung zu einem Apéro einladen zu dürfen. Liebe Grüsse, Brigitte.“

 Es ist Freitagnachmittag, sommerlich warm und offenbar hatten sich gleich mehrere Jungverheiratete dazu entschlossen, ihre Gäste auf diesem wunderbaren Platz zu bewirten. Wo aber war unsere Gastgeberin, wo war Brigitte? Rechts stellte eine mittelalterlich gekleidete Minnegesellschaft ihre Notenständer auf, zwei Ritterknappen schenkten trüben Saft aus. Ob das unsere Gesellschaft war? Ich bezweifelte dies. Brigitte mochte mit Sicherheit weder trüben Saft noch angegraute Ritterknappen. Erst jetzt bemerkte ich ein Schild mit der Aufschrift „Für Barbara“.

Etwas weiter entfernt packte ein Alt-Achtundsechziger eben sein Tenorsaxophon aus, sabberte ein paar Schluchzer durch das angerostete Instrument, legte es wieder zurück in den Kasten. Ein Gitarrist improvisierte den unvermeidlichen  Hochzeitsmarsch in einer Variante von AC/DC. Eine Saite verabschiedete sich mit einem jaulenden Ping, es schien ihn nicht zu beeindrucken. Eine Schiefertafel informierte, dass hier eine gewisse Nathalie heiraten täte.

15.00 Uhr war längst vorbei. Ob wir Brigitte je finden würden? Bevor wir eine Antwort auf unsere Frage bekommen hatten, drückte mir Hurni ein Cüpli in die Hand. Hurni? Was suchte denn Hurni hier und woher hatte er das Cüpli? Egal. Wir genossen die Stimmung und stiessen mit wildfremden Leuten auf das Glück des jungen Paares an.

 Hurni hatte in der Zwischenzeit ein gut bestücktes Buffet entdeckt. Daneben  schien ein älteres Ehepaar eintreffende Gäste in Empfang zu nehmen.

„Viel Glück“, sagten wir, als wir  vor den mutmasslichen Brauteltern standen.
„Vielen Dank“, antworteten diese.
„Auf Brigitte, hoch soll sie leben!“ doppelte Hurni nach.
„Brigitte? Welche Brigitte denn?“ fragte der mutmassliche Brautvater.
„Unsere Brigitte natürlich! Sind Sie vielleicht auf der falschen Hochzeit?“ meinte Hurni vorwurfsvoll.
„Nein. Aber Sie. Unsere Tochter heisst Marianne.“

Etwas bedrückt schlichen wir von dannen.

„Wer sind die zwei?“ hörte ich die falsche Brautmutter fragen. „Keine Ahnung“ antwortete der falsche Brautvater. „Wahrscheinlich von irgendeiner Zeitung.“

„Rasch ans Buffet“, flüsterte Hurni. „Man sollte es nicht glauben, aber manche Leute kommen nur auf die Pfalz, um sich hier vollzusaufen!“ Schon nach einem knappen Stündchen fühlten wir uns wie zu Hause. Hurni winkte einem Kellner, der sich eben davonmachen wollte und bestellte sich ein Kotelett, einen Coupe Dänemark sowie eine Flasche Champagner.

Plötzlich ertönte Musik vom Münsterplatz her. Der fastnächtliche Klang erinnerte mich an jemanden! Wir hatten Brigitte gefunden!

„Woher kennst Du eigentlich Brigitte?“ fragte ich Hurni etwas später.

„Brigitte? Wer soll das sein? Ich bin jeden Freitag auf der Pfalz. Da gibt’s immer was zu trinken.“