Samstag, November 29, 2014

Vanille aus Papua

Wir warten in Sorong, im Westen Neu-Guineas, auf unsere Weiterreise zu den Gewürzinseln. Sorong, die Hauptstadt der indonesischen Provinz West-Papua liegt quasi auf dem Äquator; Sie wollen gar nicht wissen wie heiss und feucht es hier ist. Eine ihrer Schwesterstädte ist Nuuk, die Hauptstadt von Grönland; Sie wollen auch nicht wissen wie kalt und feucht es dort sein kann.

Lange bevor sich leichtgläubige Europäer von durchtriebenen Immobilienhändlern in Florida nutzloses Sumpfland andrehen liessen, hatten bereits andere die gleiche Idee. Die Mutter aller Immobilienhaie war der Franzose Charles Bonaventure du Breil.

Mit nutzlosen Versprechen gelang es ihm rund tausend Europäer zu überzeugen, ihm ihr Gut und Geld anzuvertrauen. In Neu-Guinea, fernab vom krisengeschüttelten Europa, wollte er das Königreich „Neu-Frankreich“ errichten.Zu spät erkannten die Kolonialisten den Betrug: Das vermeintliche Tropenparadies entpuppte sich als malariaverseuchtes Sumpfgebiet.

Neu-Guinea ist ein wichtiges Anbaugebiet einer ganz besonderen Orchideen-Gattung namens Vanilla. Aus deren Kapselfrüchten entstehen in einem äusserst aufwändigen Verfahren die vertrauten Vanilleschoten. Was wäre eine Bayrische Crème ohne den exotischen Hauch der Vanille! In der modernen Küche kommt sie auch bei Fisch- und Fleischgerichten zum Einsatz. Hauptaromaträger ist die Schote selbst. Man schneidet sie der Länge nach auf und kratzt die Samen und das sie umgebende Öl – das Mark – heraus. Diese Aromastoffe löst man durch Auskochen. Vanillezucker stellt man her, indem man eine Schote für einige Wochen in einem Glas mit Zucker luftdicht aufbewahrt.

Nichts mit Vanille zu tun hat übrigens der Vanille-Rostbraten. Diese österreichische Spezialität wird aus Kostengründen mit Knoblauch gewürzt.

Noch bis Ende Januar berichtet Hanspeter Gsell von den indonesischen Gewürzinseln.




Samstag, November 22, 2014

Die Gewürzinseln

Das Eldorado aller Gewürzfetischisten liegt in Indonesien, zwischen den Inseln Sulawesi und Neuguinea. Waghalsige Seefahrer hatten die Molukken im 16. Jahrhundert entdeckt. Bereits am nächsten Morgen führten Portugiesen, Spanier, Holländer und Engländer blutige Kriege um die Vorherrschaft über das grüne Gold.

Was hatte die Seefahrer dazu gebracht, die halbe Welt zu umsegeln, dabei unvorstellbare Qualen und Strapazen zu erleiden, nur um „Gewürze zu entdecken“? War es der gleiche Trieb, der heute Menschen dazu bringt, den Amazonas von der Quelle bis zur Mündung zu durchschwimmen oder freihändig den Mount Everest zu besteigen?

Tauchen wir kurz ein in das Europa des 16. Jahrhunderts. Die meisten von uns waren arme Bauern und litten nicht nur unter der Schwarzen Pest , sondern waren vor allem immer eines: hungrig. Denn noch hatte Herr Linde den Kühlschrank nicht erfunden. Sie werden es ahnen: Kaum hatten wir den Wochenendvorrat bei Aldi eingekauft, war schon wieder alles vergammelt.

Wohl konnte man Salz kaufen und das Fleisch einpökeln. Und auch die Räucherkammer kannten wir bereits. Aber irgendwann hatte man einfach genug von versalzenem Fleisch und den ewigen Rauchwürsten. Als einfache Bauern nahmen wir dies zwar gottgegeben hin, nicht jedoch, wenn wir Könige waren. Da man weder Lardo di Collonato noch Rucola kannte, servierte man ein Soufflée au Muscat oder vielleicht eine Mousseline au Clous de Girofles. Diese beiden Zutaten hingegen, die Muskatnuss und die Gewürznelke, waren rar geworden in jenen Zeiten. Und so sprach König Carlos V von Spanien eines Morgens: „Man möge schnell mal ein paar Inseln entdecken und Gewürze mitbringen, die dem Wohle des Königreichs dienen sollen.“

Der gute Karl wird wohl eher an sein eigenes Wohl gedacht haben.







Sonntag, November 16, 2014

Montelupo

Wir erreichen Montelupo um die Mittagszeit. Der Schulbus hat eben eine Ladung Schüler ausgespuckt, auf lärmigen Motorrädern fahren die ältern Jugendlichen nach Hause, verbeulte Cinquecentos brummeln gemächlich durch die engen Gassen. Türen fallen krachend ins Schloss, aus offenen Fenstern rufen Mamas und Nonnas nach Kind und Kegel. Zwei Traktoren liefern sich ein Rennen. Dann wird es ruhig. Der Dorfpolizist zieht seinen Hut aus und lockert den Gurt, setzt sich zu Maria in die Bar „Roma“. Nicht nur Montelupo, ganz Italien verfällt in die tägliche Mittagsstarre. Die Welt könnte untergehen, in Italien würde man nichts davon merken. Nach zwei Gläsern Frizzante und einer Schale gesalzener Erdnüsse fragen wir Maria nach dem Weg zu Stefano
 
„Zu Stefano wollt ihr? Zu welchem Stefano?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr sie fort: „Kein Problem! Bei der Kirche links, beim nächsten Rotlicht rechts, an der Schule vorbei und dann scharf links. 2 Kilometer geradeaus, bei Traktor zweimal rechts und schon seid ihr bei Stefano! Ciao!“

„Aber in Montelupo gibts gar keine Rotlichter!“ meinte der Polizist.

„Halt die Klappe!“ antwortete Maria. „Was weisst denn du schon! Früher gabs eins bei der Gemeindeverwaltung!“

Ich liebe Italien! Nie hätte irgendeine Maria gesagt, sie hätte keine Ahnung wo irgendein Stefano wohne. Und hätte ich sie nach der oberen Rheingasse, dem Spalenberg oder der Gundeldingerstrasse gefragt, sie hätte mir sofort eine Wegbeschreibung gegeben. Sie hätte mir auch noch anerboten, mein klapperndes Auto zu reparieren, mir dabei die Aufstellung der AS Roma anlässlich des letzten Testspiels gegen Verona aufgesagt und alle Politiker in Rom zum Teufel geschickt.

Natürlich wussten wir, wo Stefano wohnte. Aber das Strassenfindungsritual in Italien ist einfach zu schön, um es auszulassen.

Noch mehr Texte aus Montelupo, Wigoltingen und andern eigenartigen Orten finden Sie hier:

 


Sonntag, November 09, 2014

Gsell.schafft: Kolumnen: Depesche von Dante

Gsell.schafft: Kolumnen: Depesche von Dante: „Guten Wein suchst du? Dann musst du beim alten Parmiggiani in Castellina vorbeischauen“, meinte Umberto. „Ich werde ihm gleich eine Depesch...

Depesche von Dante

„Guten Wein suchst du? Dann musst du beim alten Parmiggiani in Castellina vorbeischauen“, meinte Umberto. „Ich werde ihm gleich eine Depesche übermitteln“ fuhr er fort und steckte sich eine Toscanelli an. Ohne die Gefahr zu ahnen – die „Depesche“ hätte mich warnen müssen – machten wir uns auf den Weg. Nachdem wir uns mehrfach verfahren hatten, bemerkten wir das von Umberto erwähnte Schild mit den Initialen P.P..



Wir folgten dem von Zypressen gesäumten Weg und erblickten ein schlossähnliche Anwesen. Der Haushofmeister hatte die Schweizer Fahne gehisst und erwartete uns bereits. Mit einer tiefen Verbeugung hiess er uns willkommen. Nachdem er meine Visitenkarte studiert hatte, gab er den Bläsern ein Zeichen. Als die Fanfare von den Zinnen ertönte, öffnete sich das Tor und heraus trat der alte Parmiggiani. Hinter ihm schwebte die Signora und klapperte heftig mit ihren Wimpern. „Benvenuto – Benvenuto!“ rief sie begeistert. „Darf ich ihnen mein klein‘ Gärtchen zeigen?“ Die Ansprache duldete keinen Widerspruch und wir folgten der Signora durch den Palastgarten. Tausende von Rosen in allen Farben verströmten betörende Düfte. Im Teich tummelten sich Karpfen, in der Orangerie blühten Orchideen und in den exotischen Bäumen krächzten Papageien. Auf einer Anhöhe blieb Signora stehen, streckte ihre Hände gen Himmel und begann in fremden Zungen zu sprechen. Der Redeschwall war beträchtlich und ich beriet mich derweil mit meiner Frau, wie wir uns aus den Fängen dieser Verrückten befreien könnten. Die Signora schien unser Missbehagen gespürt zu haben und beendete ihre Litanei mit den Worten: „Dante – die göttliche Komödie, in russischer Sprache. Wenn sie möchten, könnte ich dieses wunderbare Werk auch noch in französischer oder finnischer Sprache rezitieren.“

Wir zeigten kein Interesse, verliessen den Garten durch den Karpfenteich und beschlossen, fortan ein Leben ohne Wein zu führen.

Noch mehr Geschichten von schwebenden Gräfinnen, weitere Texte und Informationen
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Sonntag, November 02, 2014

Hurni trinkt


Hurni trinkt gern. Und viel. Eine Weinmesse bedeutet für ihn Schlaraffenland, Garten Eden und Säuferparadies. Er ist deshalb Stammgast an jeder Veranstaltung, welche ihm die Chance für einen günstigen Rausch bietet. Man sieht es Hurni nicht an, dass ihn nur der Alkohol nicht jedoch der Wein interessiert. Er ist gut angezogen, wirkt seriös und kann wunderbar Geschichten erzählen. Geschichten von der baldigen Hochzeit seines Sohnes mit einer landadeligen Schönheit. Geschichten von einem Fest mit mehr als 300 Gästen. Und er erzählt jedem Weinhändler, dass er ganz persönlich hier und heute den Wein für den Anlass zu kaufen gedenke. Er rechnet mit locker 300 Flaschen, zusätzlich Champagner, natürlich. Er würde dann morgen mit seinem Sohn vorbei kommen, heute jedoch die Weine schon mal vordegustieren. Was er dann auch ganz ordentlich tut, und sich Glas um Glas, Flasche um Flasche hinter die Binde schüttet.

Pünktlich am nächsten Tag erscheint er mit seinem Sohn. Und wieder erzählt er die Geschichte von der wundersamen Hochzeit, von seiner künftigen Schwiegertochter sowie 300 Flaschen, zusätzlich Champagner, natürlich. Der Sohn aber steht teilnahmslos daneben, sagt gar nichts und schüttet sich Glas um Glas, Flasche um Flasche hinter die Binde. Gegen Abend haben sie mehreren Walliser Weinbauern, drei spanischen Weinhändlern sowie diversen andern Anbietern versprochen, sie stünden in der Endauswahl und man würde dann morgen oder übermorgen die Bestellung abschliessen. Ob sie denn einige Flaschen mitnehmen könnten, fragten sie. Dann könne man zu Hause nochmals nachdegustieren. Man würde dann morgen vorbeikommen.....

Fröhlich wankten sie von dannen und wurden nie mehr gesehen. Nur wer genau hinsah auf dem Nachhauseweg, erblickte die beiden auf einer Bank am Claraplatz. Zusammen mit einigen Ureinwohnern feierten sie den gelungenen Abend.
 
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