Als man mir vor einigen Jahren auf der kleinen Karibikinsel Bequia einen leibhaftigen Buckelwal vorsetzte, konnte ich der Versuchung nicht widerstehen und versuchte die angebliche Götterspeise. Das Gericht erinnerte mich an eine Bouillabaisse aus Napoleons Zeiten und war völlig ungeniessbar.
Aber nicht nur Wale, auch Wahlen können einen ganz schön schalen Geschmack hinterlassen.
Fröhlich winken bereits wieder National- und Ständeratskandidaten von
Plakatwänden und versprechen bessere Zeiten. Ihre populistischen Worthülsen
flattern in Form von Beilagen und Beipackzetteln aus der Zeitung auf meinen
Frühstückstisch. Verkrampft wirkende Gesichter und hastig geknipste Bildchen
buhlen um meine Gunst.
Ich gebe es gerne zu: Wahlen bringen mich regelmässig in Bedrängnis. Da ich den politischen Parteien zutiefst misstraue, kommt eine Wahl nach Parteizugehörigkeit nicht in Frage. Deren vollmundig leeren Versprechungen sind kaum mehr wert als Altpapier.
In der Annahme, dass nur genussfreudige und weltoffene Menschen meine persönlichen Anliegen effizient vertreten können, habe ich mich entschlossen, die Kandidaten auf ihre Genussfähigkeit und Reisefreudigkeit zu überprüfen.
So sind Bewerber, die in Interviews die Frage nach ihrem Lieblingsgetränk mit „Wasser oder Ovi“ beantworten, für mich als Weinliebhaber nicht wählbar. (Pepita würde ich noch knapp akzeptieren.)
Schwärmen sie in der Rubrik „Lieblingsessen“ von Rucola und Balsamico, sind sie gastronomisch nicht tragbar. Sollten solche lukullischen Tiefflieger zudem von ihrem Ikebana-Kurs im Prättigau schwadronieren oder ein Lama-Trekking im Obergoms planen, fehlt es ihnen an Weitsicht und sie fallen als Wahlfänger bei mir durch.
Auch bei missionierenden
Chüngelzüchtern bin ich vorsichtig. Sollten solche Kandidaten zudem in der Nähe
einer Kirche – möglicherweise sogar in Rothenfluh – wohnen, sind sie für mich
nicht wählbar. Auch dann nicht, wenn sie Sarah Jane lieben und nicht Bischof
Huonder.
Besonders interessant ist aufgrund
der aktuellen Lage folgende, noch nicht veröffentlichte Aussage, eines Nationalratskandidaten:
„Ich beschäftige bei mir zu
Hause einen afghanischen Flüchtling, er hat eine Arbeitsbewilligung und ist bei
der AHV angemeldet. Ich bezahle sogar seine Krankenkassenprämie und manchmal,
wenn’s kalt ist, darf er in unserm Stall schlafen.“ Mein lieber Mann! Als
Politiker sollte man besser lügen können!
Aber auch Anhänger der
„Booot-ist-voll“-These können bei mir nicht punkten. Die Schweiz zählt nämlich rund
2,4 Millionen Haushalte. Per Ende Juli jedoch nur gerade 4‘410 Asylanten aus Afghanistan.
Das wären dann 0,0018375 Afghanen pro Haushalt. Wo also liegt das Problem?