Die Sommerferien stehen vor der Türe oder sonst wo. Die Koffer
sind gepackt: Der Pass, unterschrieben und mit den benötigten Visa versehen,
liegt bereit. Sämtliche Reisedokumente, Kreditkarten und Bargeld haben Sie
bereits eingesteckt. Auch die Ersatzbatterien für den Herzschrittmacher und die
Stützstrümpfe gegen die kleine Thrombose zwischendurch haben Sie nicht
vergessen. Da kann ja nichts mehr schief gehen!
Doch es kann.
Vielleicht haben Sie es auch schon erlebt: Kurs XYZ nach
Antananarivo hebt heute entweder gar nicht ab oder ist verspätet.
Und da der nette Mitarbeiter im Reisebüro meinte, eine
Umsteigezeit von zwei Stunden genüge längstens, werden Sie – je nach Planung –
den nächsten und gleich noch den übernächsten Flug verpassen. Da letzterer ein
einziges Mal pro Woche zwischen A und B verkehrt, können Sie sich jetzt schon
mal überlegen, ob Sie nicht gleich wieder die Heimreise antreten wollen.
Bevor Sie das tun, lassen Sie sich erst die Verspätung
schriftlich bestätigen. Sollten Sie nämlich zuhause die Fluggesellschaft
einklagen wollen, müssen Sie deren Gedächtnis auffrischen. Oder Sie brauchen
den schriftlichen Beweis zur Schadensmeldung bei der Ver-sicherung.
Was aber erwartet Sie auf der fremden Piste irgendwo in
Hinterindien, Vorderasien oder sonst in einer Zwischenwelt? Der Verursacher des
Schlamassels muss Sie in einem Hotel unterbringen und je nach Situation für
weitere Kosten aufkommen.
Wenn immer möglich wird man behaupten, dass ein
unerwartetes Malheur für die Verspätung verantwortlich sei. Dazu gehören
Wetterkapriolen, Pilotenstreiks in Deutschland sowie Mord und Totschlag in
Lummerland. In solchen Fällen entfällt eine Entschädigung.
Wie es auch sei: Fischen Sie jetzt die Unterlagen aus den
Tiefen Ihrer Tasche. Haben Sie den Trip bei einem Reisebüro gebucht, finden Sie
in den Dokumenten eine Telefonnummer für «Notfälle».
«Wir sind 24 Stunden für Sie da!», ist dort zu lesen.
Nicht jedoch an christlichen Sonntagen, jüdischen Samstagen
und muslimischen Feiertagen. Sowie nicht an königlichen Geburtstagen und
während nordkoreanischen Atomtests.
Ebenfalls nicht am Tag der Einheit, dem Tag der Befreiung,
an Spieltagen der italienischen Fussballnationalmannschaft. Vor allem und
sicher nicht bei Spielen gegen Deutschland.
Gänzlich geschlossen bleiben die Büros an den
Eröffnungsfeierlichkeiten für das Billabong-Stadion in Makarena-City, sowie
während der Waljagd in Dominica.
Ebenfalls während folgenden, weltbewegenden Anlässen:
Wildsauessen in Bad Tölz, Knabenschiessen in Zürich, während Steinigungen im
Iran, bei der Chästeilet im Justistal, der Wahl der Thurgauer Apfelkönigin und
bei der Krönung der schönsten Chiemgauer Mutterkuh.
Auch nicht, wenn Trump spricht, Putin Bären erwürgt; in
keinem Fall während der Brotfruchternte auf pazifischen Inseln, bei der Jagd
auf Mormonen in Papua-Neuguinea und beim Witwenverbrennen in Indien.
Jetzt ist Improvisation angesagt. Halleluja! Auf in den
Kampf!
P.S: Die Volksstimme finden Sie hier: www.volksstimme.ch