Sonntag, Juli 14, 2019

Volksstimme Juni 19: Schöne Ferien!


Die Sommerferien stehen vor der Türe oder sonst wo. Die Koffer sind gepackt: Der Pass, unterschrieben und mit den benötigten Visa versehen, liegt bereit. Sämtliche Reisedokumente, Kreditkarten und Bargeld haben Sie bereits eingesteckt. Auch die Ersatzbatterien für den Herzschrittmacher und die Stützstrümpfe gegen die kleine Thrombose zwischendurch haben Sie nicht vergessen. Da kann ja nichts mehr schief gehen!
Doch es kann.

Vielleicht haben Sie es auch schon erlebt: Kurs XYZ nach Antananarivo hebt heute entweder gar nicht ab oder ist verspätet.
Und da der nette Mitarbeiter im Reisebüro meinte, eine Umsteigezeit von zwei Stunden genüge längstens, werden Sie – je nach Planung – den nächsten und gleich noch den übernächsten Flug verpassen. Da letzterer ein einziges Mal pro Woche zwischen A und B verkehrt, können Sie sich jetzt schon mal überlegen, ob Sie nicht gleich wieder die Heimreise antreten wollen.
Bevor Sie das tun, lassen Sie sich erst die Verspätung schriftlich bestätigen. Sollten Sie nämlich zuhause die Fluggesellschaft einklagen wollen, müssen Sie deren Gedächtnis auffrischen. Oder Sie brauchen den schriftlichen Beweis zur Schadensmeldung bei der Ver-sicherung.
Was aber erwartet Sie auf der fremden Piste irgendwo in Hinterindien, Vorderasien oder sonst in einer Zwischenwelt? Der Verursacher des Schlamassels muss Sie in einem Hotel unterbringen und je nach Situation für weitere Kosten aufkommen.
Wenn immer möglich wird man behaupten, dass ein unerwartetes Malheur für die Verspätung verantwortlich sei. Dazu gehören Wetterkapriolen, Pilotenstreiks in Deutschland sowie Mord und Totschlag in Lummerland. In solchen Fällen entfällt eine Entschädigung.
Wie es auch sei: Fischen Sie jetzt die Unterlagen aus den Tiefen Ihrer Tasche. Haben Sie den Trip bei einem Reisebüro gebucht, finden Sie in den Dokumenten eine Telefonnummer für «Notfälle».
«Wir sind 24 Stunden für Sie da!», ist dort zu lesen.
Nicht jedoch an christlichen Sonntagen, jüdischen Samstagen und muslimischen Feiertagen. Sowie nicht an königlichen Geburtstagen und während nordkoreanischen Atomtests.
Ebenfalls nicht am Tag der Einheit, dem Tag der Befreiung, an Spieltagen der italienischen Fussballnationalmannschaft. Vor allem und sicher nicht bei Spielen gegen Deutschland.
Gänzlich geschlossen bleiben die Büros an den Eröffnungsfeierlichkeiten für das Billabong-Stadion in Makarena-City, sowie während der Waljagd in Dominica.
Ebenfalls während folgenden, weltbewegenden Anlässen: Wildsauessen in Bad Tölz, Knabenschiessen in Zürich, während Steinigungen im Iran, bei der Chästeilet im Justistal, der Wahl der Thurgauer Apfelkönigin und bei der Krönung der schönsten Chiemgauer Mutterkuh.
Auch nicht, wenn Trump spricht, Putin Bären erwürgt; in keinem Fall während der Brotfruchternte auf pazifischen Inseln, bei der Jagd auf Mormonen in Papua-Neuguinea und beim Witwenverbrennen in Indien.

Jetzt ist Improvisation angesagt. Halleluja! Auf in den Kampf!

P.S: Die Volksstimme finden Sie hier: www.volksstimme.ch