„Grosspapi, gell du bisch
scho e bissele alt.“
Da es sich eindeutig um eine
Feststellung und nicht um eine Frage handelte, erübrigte sich eine Antwort und
ich nickte stumm.
„Bisch au scho e bissele am Schrumpfä?“
„Von Kindern und Narren kannst du die Wahrheit erfahren“, lehrt uns ein altes Sprichwort. Der geniale
Aphoristiker Ulrich
Erckenbrecht erweiterte es zu
„Kinder, Narren und Zyniker sagen die Wahrheit.“ Da ich mich zu Letzteren
zähle, mache ich mich auf, die kindliche Wahrheit zu finden. Ich stelle mich
auf die Waage, wiege mich und vermesse meine Grösse, vergleiche sie mit den
Einträgen im Dienstbüchlein. Weder Gewicht (leider) noch Grösse (Gottseidank)
sind in irgendwelcher Art und Weise geschrumpft. Meine Nachfrage, weshalb er denn
auf die Schrumpfidee komme, bleibt unbeantwortet.
Ich versuche mich an die
Filmkomödie „Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft!“ zu erinnern. Da wurde die
Geschichte eines Erfinders erzählt, der versehentlich seine Kinder und
die seines Nachbarn mit „Schrumpfstrahlen“ auf eine Größe von wenigen
Zentimetern reduziert und mit dem Hausmüll in den Garten wirft. Soweit ich mich
erinnere, wurden jedoch Grossväter davon verschont, sich mit Riesenameisen und
anderem Getier im meterhohen Gras zu tummeln. Auch während Gullivers Reise nach
Liliput wurde niemand und schon gar keine Grossväter „geschrumpft“. Die
Bewohner Liliputs waren von Geburt an klein.Als angehender Hypochonder weiss ich natürlich von schrumpfenden Nieren, Schilddrüsen und Kleinhirnis. Wikipedia bestätigt meine Vorahnung: Seit ich 40 bin schrumpft mein Knochengestell jährlich um einen Millimeter. Da man jeweils über Nacht wieder etwas zulegt, sollte man sich deshalb nur am Morgen vermessen. Meine Freude über die Bemerkung, Nase und Ohren würden mit zunehmenden Alter grösser, hält sich in Grenzen.
Ob der herzallerliebste Bub wohl Schrumpfköpfe meinte? In alten Zeiten haben edle Wilde auf der Insel Papua-Neuguinea die Köpfe ihrer getöteten Feinde geräuchert, über Feuer getrocknet und mit Moosen und Kräutern ausgestopft. Aber auch die prächtig tätowierten Köpfe ihrer Häuptlinge wurden nach ihrem Ableben sorgfältig präpariert und ausgestellt. Und da manche Häuptlinge sicher auch Grossväter waren, erhält die unschuldige Frage eine ganz andere Bedeutung. Ich habe nämlich eben eine Reise nach Melanesien gebucht. Genauer gesagt: nach Papua-Neuguinea.
P.S. Seit dem Zeitpunkt als
ich diese Kolumne abgeliefert habe, bin ich übrigens 2 cm gewachsen; Verantwortung
kann ganz schön auf den Schultern lasten. Hoffentlich geht’s nicht weiter mit
dem Wachstum. Sonst muss ich mir noch neue Hemden kaufen.