Freitag, November 17, 2017

Die Frage des Jahres

Jährlich werden Menschen für anstrengende Leistungen zu «Sportlern des Jahres» gekrönt. Zum «Schweizer des Jahres» kann man es bei den «Swiss Awards» gleich in mehreren Kategorien schaffen. Aber auch Tiere und Pflanzen kommen regelmässig auf die Plätze: So handelt es sich beim Säugetier des Jahres 2017 um den Rothirsch, die Wasseramsel wurde zum Vogel des Jahres erhoben. Das Bachneunauge schwamm an die Spitze der Kategorie Fische; die Gottesanbeterin schaffte es trotz oder wegen ihrer Vorliebe, ihren Ehemann nach getaner Arbeit zu verspeisen zum Insekt des Jahres. Natürlich hat man sie nicht gefragt, ob sie denn so eine Wahl überhaupt annehmen würde. Auch das herzige «Halobacterium Salinarum» konnte sich anlässlich ihrer Wahl zur Mikrobe 2017 nicht dazu äussern.
Auch ein «Unwort des Jahres» wird jeweils gekürt: In den letzten Jahren waren dies beispielsweise der «Inländervorrang light», das «Asylchaos» und Blochers «Scheininvalide». Der Satz des Jahres 2007 stammte von Ueli Maurer: «Das Rütli ist nur eine Wiese mit Kuhdreck». Wunderbar finde ich immer noch das Jugendwort des Jahres 2009: «Sbeschte-wos-je-hets-gitz».

Es ist an der Zeit, auch besonders anstrengende Fragen auszuzeichnen. Es war Hurni, der mir kurz nach der Bundesratswahl die Frage des Jahres 2017 stellte: «Woher nimmst du nur immer die Ideen für deine Kolumne?» Nun, einer intelligenten Frage gebührt eine noch gescheitere Antwort und die lautet etwa so:

In unlustig mondlosen Nächten schleiche ich mich lautlos und doch behende durch Moos bewachsene Eichenwälder. Meistens trage ich bei meiner Ideensuche eigenartige Verkleidungen. Besonders gerne kombiniere ich meine alten Latzhosen mit dem rosa Rüschenhemd von Tante Martha. Die alte Fliegermütze verschafft mir einen Hauch von Welt, und dank der Taucherbrille erkennt mich niemand. So eingekleidet, wühle ich mich durch die nebligen Niederungen des gemeindeeigenen Unterholzes bis an die Grenzen zur Nebenwelt. Und während ich so gemütlich vor mich hin wühle, erfinde ich hemmungslos lustige Geschichten. Meine cholerische Phantasie kennt dabei keinerlei moralische Grenzen. Ich erfinde auf Teufel komm raus unwahre Tatsachen, falsche Behauptungen und ketzerische Lügengeschichten. Anschliessend begutachte ich das Resultat in meinem Eulenspiegel, verfeinere es mit einem Hauch Ironie und übergiesse es mit beissendem Spott.

Sollte ich immer noch keine Ahnung haben, welches Thema ich sezieren könnte, spaziere ich durch den Sissacher Dorfkern. Ich setze mich an einen Tisch vor das «Stöpli», bestelle ein Glas Wein und zünde mir einen Stumpen an. Gegenüber erwacht das Mezzo, beim Muff werden die Weber-Grills poliert. Nebenan in der Bäckerei werden endlich wieder Sunneredli ohne Kümmel angeliefert. Godi hat eben im Lotto gewonnen, den Gewinn übergibt er mürrisch seiner Frau. Ein Mann mit zwei Eseln läuft vorbei. Ich aber danke Hurni für die Frage des Jahres 2017.


 

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