Wir
verliessen Florenz am frühen Nachmittag: Kalabrien, wir kommen! Aufgrund der
angespannten finanziellen Situation – der Parkplatz hatte mehr gekostet als das
Hotelzimmer – verzichteten wir auf die Benutzung der teuren Autobahnen. Unser
Weg nach Castelvecchio führte uns über die kleinsten, noch auf der
Strassenkarte eingezeichneten Wanderwege. Als wir wieder einmal wegen einer
Büffelherde anhalten mussten, platze mir der Kragen.
„Banditen!“
„Wo?“
rief meine Frau erschrocken. „Das sind doch nur bemitleidenswerte Kreaturen und
können nichts dafür, dass du mal anhalten musst!“
„Nein.
Ich meine die Besitzer italienischer Parkplätze. Das sind doch Wegelagerer und
Mafiosi! Da bezahlt man für die Nächtigung der Karre gleich viel oder noch mehr
als für ein mittelmässiges Doppelzimmer! Als ob die Karre mehr wert wäre als
wir!“
„Du
sollst unser Auto nicht beleidigen“, rief meine Frau erschrocken. „Sie heisst
nicht „Karre“, sondern „Pinot Bianco“ (Weissburgunder), ist ein Alfa Romeo und versteht
sehr wohl deutsch!“
Kaum
hatte ich das Wort „Karre“ ausgesprochen, fing sie an zu stottern und stellte
ihren Betrieb ein. Die Ruhe war herrlich. Aber nicht lange.
„Du
hast sie beleidigt!“ stellte meine Frau fest. „Jetzt hast du den Salat!“
Natürlich
wusste ich, wie ich den störrischen Esel wieder zur Raison bringen konnte. Auch
ohne Salat. Ich stieg aus und umrundete ihn siebenmal.
„Scusasse,
scusasse!“ rief ich mehrmals und streichelte ihn an den Hinterläufen. Diese
sizilianische Entschuldigung bedeutet in etwa „Möge mir der Hochwohlgeborene verzeihen!“
Ich
kraulte ihm noch ein wenig die Nüstern und strich ihm über die Augenlider.
Pinot Bianco gab plötzlich ein wohliges Geräusch von sich und ich wusste, dass
er mir verziehen hatte. Ich stieg ein, liess den Motor an und mit einem Lied
auf den Lippen fuhren wir hinein in den schönen Tag. Nach Castelvecchio.