Der Werbespot der Schweizer Bäcker ist eine Meisterleistung der Filmtechnik. In Zeitlupe explodiert ein offensichtlich ofenfrisches Brot. Sekundenlang und in HD zischen Krumen und Brösmeli kreuz und quer über den Bildschirm. Das Geräusch der brechenden Kruste ist ein Genuss für die Ohren, die Schallwellen drängen bis ins Hirn vor und suggerieren umgehend „Hunger“! Bis hierher funktioniert die Werbung. Dann aber ist Schluss. Denn das gezeigte Produkt ist in dieser Form wohl nur Wunschdenken und im täglichen Leben kaum in dieser Qualität zu finden.
„Gib uns unser täglich‘
Brot.“ Ich gehe nicht davon aus, dass der Texter dieses Bittspruchs damit
meinte, ich müsse mir mein täglich‘ Brot in einem Restaurant, im Speisewagen
oder in einem Flugzeug geben lassen. In diesem Falle würde ich nämlich einen
sofortigen Hungertod in Betracht ziehen oder zumindest über den Übertritt in
eine Naturreligion nachdenken. Was in Gaststuben, auf Schienen und in den
Lüften serviert wird, hat den Namen „Brot“ nicht verdient, ist nicht nur
politisch unkorrekt sondern gleichzeitig missbrotbräuchlich.
Wenn ich die Qualität von Restaurants allein an deren Angebot an Backwaren
bewerten sollte: Das Resultat wäre mehr als bedenklich. Brotähnliche Pampigkeiten
mit orbitalem Dehnfaktor werden als Hausbrot aufgetischt, Brotartiges von
gestern wird quasi via Gast entsorgt. Fade Baguettes, schon vor dem
Morgengrauen in Scheiben geschnitten, welken auf Porzellan ebenso dahin wie im
verstaubten Bastkorb. Auch das Vorhandensein einiger weniger Mohnsamen,
Weizenkörnli oder Buchennüssli macht aus geschmacklosen Teiglingen noch kein
gutes Brot.
Schlimmer noch als die Brotkultur
in mittelmässigen Restaurants ist das Frühstück in der Hotellerie. Das
durchschnittlich inbegriffene Hotelfrühstück ist bestenfalls das Kunststück aus
nichts noch weniger zu machen. Was mir hier zur angeblich schönsten Stunde des
Tages vorgesetzt wird, ist meist ein klägliches Stück gastronomischer
Biederkeit. Seit Jahr und Tag erhalte ich die gleichen Einheitsaufbackgipfel
und das Knäckebrot hat das Knacken schon längst verlernt. Das einzige Gold im
Mund‘ zur Morgenstund‘ ist meist nur in Form von Zahngold anwesend.
Manchmal denke ich, dass Brot
für viele Menschen an Bedeutung verloren hat. Vielleicht ist Brot für Viele nur
noch die Erinnerung an einen alten Kalenderspruch:
"Bub, iss das Brot, dann wirst du gross
und stark!"
"Weshalb muss ich denn gross und stark
werden?"
"Damit aus dir mal etwas Gescheites wird."
"Aber warum soll ich den etwas Gescheites
werden?“
"Damit du dir das Brot selber verdienen
kannst."
"Aber Grosspapi, ich mag doch gar kein
Brot!"
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