Dienstag, März 15, 2016

Nameele

Es ist genial, was die Menschen im Pazifik alles aus einer Kokospalme herstellen können. Aus den Blättern fertigen sie Baströckchen, flechten sich ein schickes Handtäschchen oder überdachen ihre Hütten neu. Aus den Fasern webt man einen Teppich und mit dem Holz kann man ein gemütliches Feuerchen entfachen. Die Milch aus den Nüssen trinkt man oder benutzt sie zum Kochen, das Fleisch trocknet man und verkauft es als Kopra. Vor kurzem habe ich noch eine weitere Anwendung kennen gelernt. Man kann damit einen Flugplatz lahmlegen.
Als ich von der kleinen Insel im Bismarck-Archipel zurück nach Port Moresby fliegen wollte, war das hölzerne Tor zum Flughafengebäude geschlossen. Daran hingen zwei gekreuzte Blätter einer Palme namens „Chiefs Palm“. Diese Blätter, man nennt sie „Nameele“, waren von Chief Tautu, dem für diese Gegend zuständigen Häuptling, an die Türe genagelt worden. Sie bewirkten, dass das Gebäude per sofort tabu war und somit nicht mehr betreten werden durfte. Sollte man das Verbot missachten, würde man sofort vom Blitz getroffen und elendiglich grilliert werden.
Erst als der Chief des benachbarten Dorfes mit zwei Wagenladungen grimmig blickender Krieger angebraust kam, konnte Tautu dazu bewegt werden, die Nameele wieder zu entfernen und das Tabu somit wieder aufzuheben. Leider werden wir nie wissen, weshalb er den Flughafen mit einem Bann belegt hatte.
Ich jedoch habe mir einige dieser geheimnisvollen Blätter eingepackt um sie bei mir zu Hause an die Wohnungstüre zu nageln. Laut den Worten von Chief Tautu wirken sie nicht nur gegen aufdringliche Missionare, Bouillonverkäufer und Staubsaugervertreter, sondern auch gegen unerwünschte Anrufe von Telefonverkäufern.
Ich wünschte mir solche Tabus auch im Kampf gegen die elektronischen Umweltverschmutzer die mich tagtäglich mit Werbung zumüllen. Wer einmal bei Amazon, Zalando oder andern Online-Shops eingekauft hat, wird im Wochentakt mit Sonderangeboten überschwemmt. Jedes Hotel in dem ich einmal genächtigt habe, gratuliert mir zum Geburtstag, schickt Weihnachts- und Neujahrsgrüsse und freut sich angeblich auf meinen nächsten Besuch. Auf solchen unpersönlichen, computergenerierten Spam verzichte ich. Da ich weder debil noch senil bin, werde ich mich auch in zwei Jahren noch daran erinnern, wie das entsprechende Hotel hiess. Allerdings nur wenn ich zufrieden war. Zur Zufriedenheit gehört aber auch, dass ich in der Zwischenzeit nicht mit verblödeten Mails eingedeckt wurde.
 P.S. Gestern habe ich eine Mail aus Papua-Neuguinea erhalten. „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag. Heute im Sonderangebot: Bei einer Bestellung von 12 Nameele erhalten sie gratis ein Kanumodell aus Vollplastik sowie eine Kaurimuschel. Angebot gültig bis 24.00 Uhr.
Heute habe ich die restlichen Nameele eingepackt und einen Flug nach Papua-Neuguinea gebucht. Ich werde denen mal was vor die Türe nageln!
 
 
 

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