Der
Anflug auf die Insel Pantelleria ist spektakulär. Zwanzig Minuten
Flug von Palermo sind es. Die kleine Maschine zielt genau auf den
höchsten Berg der Insel, die „Montagna grande“. Unter uns
glitzert der „Specchio di Venere“ - der Spiegel der Venus, ein
Kratersee. Wie von Riesenhand hingeworfen, liegen verstreut die
Dammusi, arabisch anmutende Steinhäuschen. Kleine Strassen winden
sich durch die steinige Landschaft.
Noch ist
es Nacht, wenn sich Ciccio auf den Weg zur Arbeit macht. Sein Ape,
dieses uritalienische motorisiertes Dreirad mit Ladefläche, wackelt
gutmütig über die schmalen Strassen, die Trockenmauern werfen den
knatternden Motorenlärm weit über das Land. Er fährt ans andere
Ende der Insel, wo sich seine Kapernsträuche befinden. Bevor die
Sonne am Himmel steht, müssen die Blütenknospen geerntet werden.Kapernsträucher
sind niedrige, knorrige Pflanzen. Das jahrelange, gebückte Pflücken
hat seine Spuren bei Ciccio hinterlassen. Er ist alt geworden, seine
Kinder haben die Insel schon vor Jahren verlassen. Der Lohn der
harten Arbeit ist zu klein.
Hat
Ciccio seine „Biene“ geladen, geht es zurück nach Hause. Dort
wird er die Blütenknopsen in Meersalz einlegen um sie zu
konservieren. Nie würde er sie in Essig aufbewahren. Nie.
An
Ciccio und an Pantelleria musste ich denken, als mir Kari K., diese
Ausgeburt eines mehrwertlosen Wirtes, sein Vitello tonnato servierte.
Das fein geschnittene Kalbsfleisch lag verborgen unter einer sämigen
Thon-Sauce. So weit, so gut. Als ich jedoch die Essigkapern
erblickte, wusste ich, dass gar nichts gut war: Kapern in Essig sind
die wohl himmeltraurigste Erfindung seit es Kapern gibt! Beisst man
in das Früchtchen, spritzt der Essig. Es schmeckt nach Essig, es
riecht nach Essig. Solche Kapern sind nichts als minderwertige
Essigkümmerlinge! Schade um die Kapern. Und um den Essig.