Samstag, Januar 10, 2015

Betelnuss

Wir befinden uns auf hoher See, irgendwo zwischen Neuguinea und Sulawesi. Zeit zum Nachdenken, Zeit für ein Nüsschen oder zwei.

Es ist wahrlich erstaunlich, was sich Menschen einfallen lassen, um ihren Geist zu befreien. Nicht dass man auf den indonesischen Inseln keinen Alkohol oder andere Drogen finden würde. Die wahre Liebe jedoch gilt der Betelnusspalme, beziehungsweise deren Nüsschen, die man sich gerne und regelmässig hinter die Backen schiebt. Damit sich deren Wirkung so richtig schön entfalten kann, braucht es jedoch noch weitere Zutaten. Die halbierte Nuss wird zuerst mit pulverisiertem Korallenkalk bestreut und anschliessend mit dem Blatt eines Pfefferstrauches umwickelt. Um den bitteren Geschmack etwas erträglicher zu machen, packt man etwas Tabak oder Pfefferminze dazu. Das ganze Paket wird nun hinter die Backen geschoben und langsam zerkaut. Da das Zeugs die Produktion von Speichel anregt und sich überdies mit der Zeit rot färbt, sind viele Strassen und Böden mit lustigen roten Pickeln gespickt.

Was allerdings die Wirkung anbelangt, kann ich keine abschliessende Aussage machen. Denn selbstverständlich konnte auch ich der Versuchung nach dem ultimativen Palmenkick nicht widerstehen: Auf eine dröge Wirkung – man versprach mir „Wohlbefinden“ – warte ich allerdings noch heute. Auch der mir einst angebotene Drink namens „Puuh-Royale“, eine Art Caipirina mit einer halbierten Betelnuss und einem Blatt Minze konnte mich nicht begeistern.


Die Auswirkungen des jahrelangen Konsums von Betelnuss auf den Liebreiz indonesischer Schönheiten aber sind grausam, wenn nicht sogar grauenhaft. Sollte die Angebetete etwa ihren Kussmund öffnen, wird der Liebende einen teuflischen Abgrund aus schwarzen Zahnstummeln vor rotem Hintergrund erblicken.



Zum letzten Mal berichtet Hanspeter Gsell heute aus Indonesien


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