Montag, Juni 22, 2015

Rekordblöd

Der Weltrekord von Peter H. senior aus Hugelshofen wurde 1952 aufgestellt. In nur 4 Minuten und 27 Sekunden frass er 12 Nussgipfel vom Hasli-Beck.

1998 wurde ein Amerikaner Sieger im „Spaghetti-durch-das-Nasenloch-blasen“. Der Weltrekord im „Bienen-im-Mund-aufbewahren“ liegt bei 109 Tierchen. Bei den Küchenschaben liegt die Bestleistung bei nur 36 Krabblern. Dafür mit schlucken. Im Pancake-Weitwurf brachte es ein Deutscher irgendwann auf 416 Fladen in 2 Minuten.  Der grösste je gebastelte Apfelkuchen wog 15 Tonnen bei einer Fläche von 91 m2. Deutlich mehr, nämlich 128 m2, mass ein japanisches Riesenomelett im Jahre 1994. Der Rekord-Caesar-Salad  (2,5 Tonnen) wurde 1997 in Washington konstruiert. Der grösste Cake aller Zeiten wog 58 Tonnen.

Bei den Fleischklopsen liegt der Rekord bei lächerlichen 2,8 Tonnen. Was für ein Vergleich mit dem kanadischen Riesenkäse von 26 Tonnen! Daneben wirkt der zypriotische 1,5-Tonnen-Döner wirklich klein. Die Italiener haben es beim Salami erst auf eine Länge von 151 Meter geschafft. Kein Vergleich also mit dem 2,5-km-Cake aus Dubai. Und schon gar nicht mit der englischen 59-km-Wurst aus dem Jahr 2000. Bei den Paellas sind 15 Meter Durchmesser und 3 Tonnen Gewicht zu schlagen. Ungültig erklärt wurde letzthin der Pizzarekord von 37 Metern Durchmesser! Erlaubt sind vom italienischen Staat nämlich nur 35 cm.

In der Basler Eintracht wurde vor sieben Jahren ein Weltrekord in der Kategorie Cordon bleu aufgestellt. Natürlich hat der französische Präsident diesen Rekord nicht anerkannt, da es sich bei diesem Gericht um ein französisches Kulturgut handeln würde, dass nur von französischen Köchen kulturell korrekt zubereitet werden könne. Dasselbe Schicksal wird wohl auch das neuste Riesenplätzli (25.8 Meter) aus Wollerau (SZ) erleiden. Dies wird die Gemeinde nicht weiter beeindrucken. Man ist nämlich bereits Rekordmeister im Sammeln von Steuerflüchtlingen. Darunter befindet sich nicht nur unser aller Roger Federer sondern auch die Ex-Banker Grübel und Ospel.

Sissach und das Baselbiet hielten sich bislang bei Fressrekorden vornehm zurück. Dabei gäbe es durchaus Produkte die sich dafür eignen würden. So könnte man auf der Sissacher Fluh die grösste Pepita-Flasche der Welt bauen. Die wäre dann grösser als der neue Roche-Turm und man könnte von der Aussichtsterrasse bis nach Basel blicken – wenn man denn wollte. Oder aber das Stöpli brätelt die längste Rauchwurst der Welt – von Sissach bis nach Zunzgen oder von mir aus auch bis Diegten. Wie telegen wäre doch ein Baselbieter Rahmdääfeli so gross wie das Schwimmbecken der Sissacher Badi. Sollte die Damenriege dazu noch einen verwegenen Cancan wagen, wäre dies in der Tat rekordverdächtig.

P.S. Gestern erstickte in Hugelshofen Peter H. junior kläglich bei dem Versuch, den Nussgipfel-Rekord seines Vaters zu überbieten.

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Donnerstag, Juni 11, 2015

Stöck, Stich, Prosecco

Die Talgdrüse in meinem Gesicht – sie erinnerte mich an den Ätna kurz vor seinem letzten Ausbruch – störte mich seit Monaten. Immer wieder kam es beim Rasieren zu wüsten Metzeleien. Mein Hausarzt wusste Rat und bestellte mich an einem Dienstagabend in seine Praxis.
Abbildung Notgeldschein Ich bin der Doktor Eisenbart
„Das werden wir gleich haben!“ meinte er kurz und bereitete das Operationsbesteck vor.

Sorgfältig desinfizierte er weite Teile meines Gesichts und markierte mit verwegenem Schwung die vorgesehene Schnittstelle.

„Schwester!“ rief er laut. Ich wunderte mich weshalb er seine Frau „Schwester“ nannte. Da jedoch weder die eine noch die andere reagierte, kümmerte ich mich nicht weiter darum.

„Na dann werden wir sie schon mal lokal anästhesieren“, grummelt er leise. Wir? Wen meinte er damit? Sollte ich ihm etwa dabei helfen? Bevor ich ihn fragen konnte, stach er zu und verliess das Zimmer.

Zwischenzeitlich erschien die angetraute Schwester und fragte, wo denn der (angetraute) Doktor sei. Da ich diese Frage nicht beantworten konnte, verliess sie den Raum. Der Gesuchte erschien derweil durch die Hintertüre und wollte wissen, ob denn die Schwester aufgetaucht sei. Ich wähnte mich bereits in einer Boulevardkomödie und hielt nach einer versteckten Kamera Ausschau, als der Doktor samt ehelicher Schwester wieder erschien.

„Schwester, Skalpell!“ rief er mit befehlsgewohnter Stimme.

Zaghaft wandte ich ein, dass die Wirkung der Spritze schon bedrohlich nachgelassen habe.

Es sah mich ungläubig an: „Kann nicht sein, und überhaupt, in 2 Minuten ist die Chose erledigt.“

Scheinbar unkontrolliert schnitt er in meinem Gesicht herum, ich stöhnte vor Schmerz. Nach langen 12 Minuten endlich die Erlösung.

„Schwester, Faden!“

„Grösse?“

„2er“

„Hab ich nicht! Geht auch 7er?“

„Das ist je schon beinahe ein Kalberstrick, dann eben den 3er.“

„Hab ich auch nicht.“

„Also gut, dann geben sie mir eben den 7er, “ und – an mich gewandt: „In ihrem Alter werden sie ja wohl kaum mehr bei einem Schönheitswettbewerb teilnehmen, hähähä!“ Frau Schwester tröstete mich zum Abschied mit einem Gläschen Prosecco.

 
„Keine Angst, so etwas kann ihnen bei mir nicht passieren“, beruhigte mich mein Zahnarzt, nachdem ich ihm die Geschichte erzählt hatte. Unsanft rammte er mir die Spritze ins Zahnfleisch, der Bohrer näherte sich dem Bohrloch. Als er versehentlich in den kleinen Spiegel gebohrte hatte, erbleichte er und legte den Bohrer zur Seite. Wir tranken zusammen einen Prosecco.

„Keine Angst, so etwas kann ihnen bei mir nicht passieren“, beruhigte mich mein Coiffeur, nachdem ich ihm die Geschichte erzählt hatte. Fröhlich schnitt und schwatzte er vor sich hin. Nachdem er mich zuerst ins Ohr geschnitten und kurz darauf die Scherenspitze in meinen Hals gerammt hatte, erbleichte er und offerierte mir ein Glas Eptinger.

 
Morgen habe ich einen Termin beim Augenarzt. Vorsichtshalber werde ich eine Flasche Prosecco mitnehmen.

 

 

 

 

 

Mittwoch, Juni 03, 2015

Auf der Suche nach Gauguin - Bora Bora

Sicher werden sich einige Leser gewundert haben, weshalb die schier endlose Reportage über meinen Weg zu Gauguin so abrupt geendet hatte. War ich am Grabe des verehrten Meisters zusammen gebrochen oder hatte mich eine tropische Krankheit dahingerafft? War unser Schiff im Sturm gesunken, oder war ich auf dem Weg von der Schiffsbar zur Kajüte über die Reling gestürzt und elendiglich ertrunken?

Nein. Meine Verehrung für Gauguin hielt und hält sich immer noch sehr in Grenzen, tropische Krankheiten gibt es auf den Marquesas keine. Kein Sturm zeigte sich auf unserer 1‘300 km langen Rückreise nach Tahiti, die Schiffsbar hatte ich bereits leer getrunken.

Nein, es war Bora Bora welches mich dahin raffte, mich gewissermassen ertrinken liess. Dem Anblick dieser Insel kann sich wohl niemand entziehen. Es ist so, als würde man gleich mehrere Matterhörner zusammen erblicken. Matterhörner die aus dem Dunkelblau des Pazifiks, aus dem Türkis der Lagune heraus wachsen. Zwischen dem offenen Meer und der Lagune liegt das Weiss der Brandung wie eine Halskrause, der goldgelbe Sand der Atoll-Inseln rahmt das Gemälde ein. Ein Bild, gesprenkelt mit Palmen, den farbigen Klecksen des Hibiskus, den weissen Blüten der Tiare. Atemberaubend, sinnesberaubend, zum wahnsinnig werden schön. Aber nicht nur der Atem, die Sinne und der Verstand kommen einem abhanden. Es beraubt einem der Sprache. Und genau deshalb haben Sie beinahe 3 Wochen nichts mehr von mir gehört.

Aber heute nun, ich sitze bei 30 Grad C auf dem Balkon, mein Blick verfängt sich in einer kleinen weissen Wolke östlich der Bölchenfluh, heute habe ich die Worte wieder gefunden.
Es sind nicht nur schöne, wie folgende Zeilen befürchten lassen:

„Am weissen Strand im Sommerland
Wir beiden gingen Hand in Hand
Die rote Sonn versank im blauen Meer“

Natürlich wissen wir nicht, mit wem der deutsche Sänger Tony Marshall („Hoppladiddi Hoppladadda“) Hand in Hand durchs Sommerland schritt. Als ich jedoch das Plakat sah, das ein Konzert genau dieses Tony Marshall auf Bora Bora ankündigte, und genau in diesem Moment die angeblich rote Sonne im blauen Meer zu versinken drohte, wandte ich mich an meine belesene Mitreisende aus Berlin.

„Frau Schmitz, was genau hat dieser Mann mit Bora Bora zu tun?“
„Ja wussten sie denn nicht, dass der Herr Marshall das berühmte Lied „Bora Bora“ gesungen hat? Ich dachte, sie seien Schriftsteller, ha! Und dann haben ihm die Eingeborenen 2008 das Ehrenbürgerrecht verliehen. Und dies 30 Jahre nachdem das Lied in der Hitparade war! Und zudem gibt es in Baden-Baden einen Tony-Marshall-Weg, sie Ignorant!“

Bevor mich Frau Schmitz noch weiter einen Ignoranten schimpfen konnte, verliess ich das Schiff und machte mich auf der Suche nach den Schönen und Reichen. Denn Bora Bora gilt als einer der exklusivsten und luxuriösesten Urlaubsorte in der oberen Preisklasse und gehört zu den teuersten Reisezielen der Welt. Da mussten sie doch zu finden sein! Mit 38 qkm war die Insel ja nicht wirklich ein Kontinent.

Am Hafenkiosk um die Ecke wurde ich fündig:

„Lindsay Lohan auf Bora Bora schwer erkrankt! Die bekannte Schauspielerin („Liebe braucht keine Ferien“) wurde von einer Mücke gestochen!“ Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, ob Tony Marshall je von einer Mücke gebissen wurde, wusste ich sofort, dass sich die beiden wohl nie näher kommen würden. Ganz abgesehen vom Altersunterschied standen sich deren Ansprüche ans Leben diametral entgegen. Die eine brauchte keine Ferien, der andere schwadronierte Hand in Hand in den Sonnenuntergang.

Schon bald erfuhr ich, dass es auch eine berühmte Schweizerin bis nach Bora Bora gebracht haben soll. Sie heisst Fabienne Marchand und ich habe wieder mal keine Ahnung wer das ist. Also, diese Frau Marchand war mal Miss-Schweiz-Anwärterin, heiratete 2007 einen schwerreichen Immobilienunternehmer namens Bratschi und wanderte flugs nach Bora Bora aus. Auf einem Motu, einer Insel auf dem Atoll, lebt sie im grössten Haus Polynesiens, beschäftigt 7 Mitarbeiter (inkl. Lehrerin für das allerliebste Töchterlein namens Lilou). Während der letzten Jahre nun hat sie ein Kinderbuch geschrieben, bekam eine Homestory in der Schweizer Illustrierten und einen Auftritt bei Glanz & Gloria. Vielleicht sollte ich auch Kinderbücher schreiben!
In der Ferne sind die Ueberwasser-Bungalows des „The St. Regis Bora Bora Resort“ zu sehen. Ein Freund meinte einmal zu mir: „Wenn du viel Geld ausgeben willst, dann kaufe dir eine grosse Villa und leiste dir eine anspruchsvolle Freundin. Wenn du noch mehr ausgeben willst, dann kaufe dir einen Bugatti sowie eine Yacht. Wenn du aber wirklich viel, viel Geld ausgeben willst, dann machst du Ferien in Bora Bora.“

Damit hat er wohl recht. Davon ausgehend, dass niemand auf Bora Bora in einem mittelmässigen Dreisternehotels in der achten Reihe logieren möchte, ist mit einem Budget von CHF 1‘000. — zu rechnen. Pro Tag. Pro Gast. Ohne Transfer. Ohne Frühstück. Die bereits erwähnte Lindsay Lohan soll rund CHF 40‘000. — hingeblättert haben. Für eine Woche. Ohne Frühstück. Im  „The St. Regis Bora Bora Resort“.

Während ich so vor mich hin sinniere, wandere ich der Küstenstrasse entlang. Ich werfe einen Blick ins „Bloody Mary“. Auf einer Tafel am Eingang sind all die Schönen und Reichen erwähnt, die hier schon mal diniert haben sollen. Marlon Brando. Jack Nicholson. Leonardo DiCaprio. James Cameron. Ich kann ihnen verbindlich berichten, dass wirklich ALLE schon hier waren. Ausser Sepp Blatter.