Mittwoch, Juni 03, 2015

Auf der Suche nach Gauguin - Bora Bora

Sicher werden sich einige Leser gewundert haben, weshalb die schier endlose Reportage über meinen Weg zu Gauguin so abrupt geendet hatte. War ich am Grabe des verehrten Meisters zusammen gebrochen oder hatte mich eine tropische Krankheit dahingerafft? War unser Schiff im Sturm gesunken, oder war ich auf dem Weg von der Schiffsbar zur Kajüte über die Reling gestürzt und elendiglich ertrunken?

Nein. Meine Verehrung für Gauguin hielt und hält sich immer noch sehr in Grenzen, tropische Krankheiten gibt es auf den Marquesas keine. Kein Sturm zeigte sich auf unserer 1‘300 km langen Rückreise nach Tahiti, die Schiffsbar hatte ich bereits leer getrunken.

Nein, es war Bora Bora welches mich dahin raffte, mich gewissermassen ertrinken liess. Dem Anblick dieser Insel kann sich wohl niemand entziehen. Es ist so, als würde man gleich mehrere Matterhörner zusammen erblicken. Matterhörner die aus dem Dunkelblau des Pazifiks, aus dem Türkis der Lagune heraus wachsen. Zwischen dem offenen Meer und der Lagune liegt das Weiss der Brandung wie eine Halskrause, der goldgelbe Sand der Atoll-Inseln rahmt das Gemälde ein. Ein Bild, gesprenkelt mit Palmen, den farbigen Klecksen des Hibiskus, den weissen Blüten der Tiare. Atemberaubend, sinnesberaubend, zum wahnsinnig werden schön. Aber nicht nur der Atem, die Sinne und der Verstand kommen einem abhanden. Es beraubt einem der Sprache. Und genau deshalb haben Sie beinahe 3 Wochen nichts mehr von mir gehört.

Aber heute nun, ich sitze bei 30 Grad C auf dem Balkon, mein Blick verfängt sich in einer kleinen weissen Wolke östlich der Bölchenfluh, heute habe ich die Worte wieder gefunden.
Es sind nicht nur schöne, wie folgende Zeilen befürchten lassen:

„Am weissen Strand im Sommerland
Wir beiden gingen Hand in Hand
Die rote Sonn versank im blauen Meer“

Natürlich wissen wir nicht, mit wem der deutsche Sänger Tony Marshall („Hoppladiddi Hoppladadda“) Hand in Hand durchs Sommerland schritt. Als ich jedoch das Plakat sah, das ein Konzert genau dieses Tony Marshall auf Bora Bora ankündigte, und genau in diesem Moment die angeblich rote Sonne im blauen Meer zu versinken drohte, wandte ich mich an meine belesene Mitreisende aus Berlin.

„Frau Schmitz, was genau hat dieser Mann mit Bora Bora zu tun?“
„Ja wussten sie denn nicht, dass der Herr Marshall das berühmte Lied „Bora Bora“ gesungen hat? Ich dachte, sie seien Schriftsteller, ha! Und dann haben ihm die Eingeborenen 2008 das Ehrenbürgerrecht verliehen. Und dies 30 Jahre nachdem das Lied in der Hitparade war! Und zudem gibt es in Baden-Baden einen Tony-Marshall-Weg, sie Ignorant!“

Bevor mich Frau Schmitz noch weiter einen Ignoranten schimpfen konnte, verliess ich das Schiff und machte mich auf der Suche nach den Schönen und Reichen. Denn Bora Bora gilt als einer der exklusivsten und luxuriösesten Urlaubsorte in der oberen Preisklasse und gehört zu den teuersten Reisezielen der Welt. Da mussten sie doch zu finden sein! Mit 38 qkm war die Insel ja nicht wirklich ein Kontinent.

Am Hafenkiosk um die Ecke wurde ich fündig:

„Lindsay Lohan auf Bora Bora schwer erkrankt! Die bekannte Schauspielerin („Liebe braucht keine Ferien“) wurde von einer Mücke gestochen!“ Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, ob Tony Marshall je von einer Mücke gebissen wurde, wusste ich sofort, dass sich die beiden wohl nie näher kommen würden. Ganz abgesehen vom Altersunterschied standen sich deren Ansprüche ans Leben diametral entgegen. Die eine brauchte keine Ferien, der andere schwadronierte Hand in Hand in den Sonnenuntergang.

Schon bald erfuhr ich, dass es auch eine berühmte Schweizerin bis nach Bora Bora gebracht haben soll. Sie heisst Fabienne Marchand und ich habe wieder mal keine Ahnung wer das ist. Also, diese Frau Marchand war mal Miss-Schweiz-Anwärterin, heiratete 2007 einen schwerreichen Immobilienunternehmer namens Bratschi und wanderte flugs nach Bora Bora aus. Auf einem Motu, einer Insel auf dem Atoll, lebt sie im grössten Haus Polynesiens, beschäftigt 7 Mitarbeiter (inkl. Lehrerin für das allerliebste Töchterlein namens Lilou). Während der letzten Jahre nun hat sie ein Kinderbuch geschrieben, bekam eine Homestory in der Schweizer Illustrierten und einen Auftritt bei Glanz & Gloria. Vielleicht sollte ich auch Kinderbücher schreiben!
In der Ferne sind die Ueberwasser-Bungalows des „The St. Regis Bora Bora Resort“ zu sehen. Ein Freund meinte einmal zu mir: „Wenn du viel Geld ausgeben willst, dann kaufe dir eine grosse Villa und leiste dir eine anspruchsvolle Freundin. Wenn du noch mehr ausgeben willst, dann kaufe dir einen Bugatti sowie eine Yacht. Wenn du aber wirklich viel, viel Geld ausgeben willst, dann machst du Ferien in Bora Bora.“

Damit hat er wohl recht. Davon ausgehend, dass niemand auf Bora Bora in einem mittelmässigen Dreisternehotels in der achten Reihe logieren möchte, ist mit einem Budget von CHF 1‘000. — zu rechnen. Pro Tag. Pro Gast. Ohne Transfer. Ohne Frühstück. Die bereits erwähnte Lindsay Lohan soll rund CHF 40‘000. — hingeblättert haben. Für eine Woche. Ohne Frühstück. Im  „The St. Regis Bora Bora Resort“.

Während ich so vor mich hin sinniere, wandere ich der Küstenstrasse entlang. Ich werfe einen Blick ins „Bloody Mary“. Auf einer Tafel am Eingang sind all die Schönen und Reichen erwähnt, die hier schon mal diniert haben sollen. Marlon Brando. Jack Nicholson. Leonardo DiCaprio. James Cameron. Ich kann ihnen verbindlich berichten, dass wirklich ALLE schon hier waren. Ausser Sepp Blatter.

 

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.