Nein. Meine Verehrung für Gauguin hielt und hält sich immer
noch sehr in Grenzen, tropische Krankheiten gibt es auf den Marquesas keine.
Kein Sturm zeigte sich auf unserer 1‘300 km langen Rückreise nach Tahiti, die
Schiffsbar hatte ich bereits leer getrunken.
Nein, es war Bora Bora welches mich dahin raffte, mich
gewissermassen ertrinken liess. Dem Anblick dieser Insel kann sich wohl niemand
entziehen. Es ist so, als würde man gleich mehrere Matterhörner zusammen
erblicken. Matterhörner die aus dem Dunkelblau des Pazifiks, aus dem Türkis der
Lagune heraus wachsen. Zwischen dem offenen Meer und der Lagune liegt das Weiss
der Brandung wie eine Halskrause, der goldgelbe Sand der Atoll-Inseln rahmt das
Gemälde ein. Ein Bild, gesprenkelt mit Palmen, den farbigen Klecksen des Hibiskus,
den weissen Blüten der Tiare. Atemberaubend, sinnesberaubend, zum wahnsinnig
werden schön. Aber nicht nur der Atem, die Sinne und der Verstand kommen einem
abhanden. Es beraubt einem der Sprache. Und genau deshalb haben Sie beinahe 3
Wochen nichts mehr von mir gehört.
Aber heute nun, ich sitze bei 30 Grad C auf dem Balkon, mein
Blick verfängt sich in einer kleinen weissen Wolke östlich der Bölchenfluh,
heute habe ich die Worte wieder gefunden.
Es sind nicht nur schöne, wie folgende Zeilen befürchten
lassen:
„Am weissen Strand im Sommerland
Wir beiden gingen Hand in Hand Die rote Sonn versank im blauen Meer“
Natürlich wissen wir nicht, mit wem der deutsche Sänger Tony
Marshall („Hoppladiddi Hoppladadda“) Hand in Hand durchs Sommerland schritt.
Als ich jedoch das Plakat sah, das ein Konzert genau dieses Tony Marshall auf
Bora Bora ankündigte, und genau in diesem Moment die angeblich rote Sonne im
blauen Meer zu versinken drohte, wandte ich mich an meine belesene Mitreisende
aus Berlin.
„Frau Schmitz, was genau hat dieser Mann mit Bora Bora zu
tun?“
„Ja wussten sie denn nicht, dass der Herr Marshall das
berühmte Lied „Bora Bora“ gesungen hat? Ich dachte, sie seien Schriftsteller,
ha! Und dann haben ihm die Eingeborenen 2008 das Ehrenbürgerrecht verliehen.
Und dies 30 Jahre nachdem das Lied in der Hitparade war! Und zudem gibt es in
Baden-Baden einen Tony-Marshall-Weg, sie Ignorant!“
Bevor mich Frau Schmitz noch weiter einen Ignoranten
schimpfen konnte, verliess ich das Schiff und machte mich auf der Suche nach
den Schönen und Reichen. Denn Bora Bora gilt als einer der exklusivsten und
luxuriösesten Urlaubsorte in der oberen Preisklasse und gehört zu den teuersten
Reisezielen der Welt. Da mussten sie doch zu finden sein! Mit 38 qkm war die
Insel ja nicht wirklich ein Kontinent.
Am Hafenkiosk um die Ecke wurde ich fündig:
„Lindsay Lohan auf Bora Bora schwer erkrankt! Die bekannte
Schauspielerin („Liebe braucht keine Ferien“) wurde von einer Mücke gestochen!“
Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, ob Tony Marshall je von einer
Mücke gebissen wurde, wusste ich sofort, dass sich die beiden wohl nie näher
kommen würden. Ganz abgesehen vom Altersunterschied standen sich deren
Ansprüche ans Leben diametral entgegen. Die eine brauchte keine Ferien, der
andere schwadronierte Hand in Hand in den Sonnenuntergang.
Schon bald erfuhr ich, dass es auch eine berühmte
Schweizerin bis nach Bora Bora gebracht haben soll. Sie heisst Fabienne
Marchand und ich habe wieder mal keine Ahnung wer das ist. Also, diese Frau
Marchand war mal Miss-Schweiz-Anwärterin, heiratete 2007 einen schwerreichen
Immobilienunternehmer namens Bratschi und wanderte flugs nach Bora Bora aus.
Auf einem Motu, einer Insel auf dem Atoll, lebt sie im grössten Haus
Polynesiens, beschäftigt 7 Mitarbeiter (inkl. Lehrerin für das allerliebste
Töchterlein namens Lilou). Während der letzten Jahre nun hat sie ein Kinderbuch
geschrieben, bekam eine Homestory in der Schweizer Illustrierten und einen
Auftritt bei Glanz & Gloria. Vielleicht sollte ich auch Kinderbücher
schreiben!
In der Ferne sind die Ueberwasser-Bungalows des „The St. Regis Bora Bora Resort“ zu sehen. Ein Freund meinte einmal zu mir: „Wenn du viel Geld ausgeben willst, dann kaufe dir eine grosse Villa und leiste dir eine anspruchsvolle Freundin. Wenn du noch mehr ausgeben willst, dann kaufe dir einen Bugatti sowie eine Yacht. Wenn du aber wirklich viel, viel Geld ausgeben willst, dann machst du Ferien in Bora Bora.“
In der Ferne sind die Ueberwasser-Bungalows des „The St. Regis Bora Bora Resort“ zu sehen. Ein Freund meinte einmal zu mir: „Wenn du viel Geld ausgeben willst, dann kaufe dir eine grosse Villa und leiste dir eine anspruchsvolle Freundin. Wenn du noch mehr ausgeben willst, dann kaufe dir einen Bugatti sowie eine Yacht. Wenn du aber wirklich viel, viel Geld ausgeben willst, dann machst du Ferien in Bora Bora.“
Damit hat er wohl recht. Davon ausgehend, dass niemand auf
Bora Bora in einem mittelmässigen Dreisternehotels in der achten Reihe logieren
möchte, ist mit einem Budget von CHF 1‘000. — zu rechnen. Pro Tag. Pro Gast.
Ohne Transfer. Ohne Frühstück. Die bereits erwähnte Lindsay Lohan soll rund CHF
40‘000. — hingeblättert haben. Für eine Woche. Ohne Frühstück. Im „The St. Regis Bora Bora Resort“.
Während ich so vor mich hin sinniere, wandere ich der
Küstenstrasse entlang. Ich werfe einen Blick ins „Bloody Mary“. Auf einer Tafel
am Eingang sind all die Schönen und Reichen erwähnt, die hier schon mal diniert
haben sollen. Marlon Brando. Jack Nicholson. Leonardo DiCaprio. James Cameron. Ich
kann ihnen verbindlich berichten, dass wirklich ALLE schon hier waren. Ausser
Sepp Blatter.
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