«Es wird aufgegessen!», sagte die nette Tante, nicht ohne mich auf ein mögliches Fernsehverbot hinzuweisen. Ich dachte an Lassie und Fury und wies die Drohung zurück.
Grossmutter versuchte es auf die sanfte Art: «Wenn du deinen Teller brav leer isst, wird das Wetter schön!» Natürlich unterstand ich mich, sie zu fragen, ob sie denn auch noch an den Storch glauben würde.
«Denk’ an die armen Kinderlein in Biafra!», griff nun der Onkel in den Monolog ein. Als ich mir vorstellte, dass diese Hungerleider vielleicht bereits vor meiner Türe stehen könnten, lenkte ich sofort ein.
Natürlich
gab es noch weitere Essensbefehle. «Rüebli! Hast du schon dein tägliches Rüebli
gegessen? Du weisst doch, Hasen müssen nicht zu Fielmann!» Kaum
war das Gemüse weg, kamen die Früchte an die Reihe.
«An
apple a day keeps the doctor away! – Ein Apfel pro Tag hält den Doktor fern.»
Kann sein, aber gegen den Zahnarzt hat es leider nicht geholfen. Und den Apfel
kann man auch durch ein Guinness ersetzen …
Neben
den Essbefehlen gab es noch eine ganze Suppenschüssel voller Essverbote. So
durfte nach den Kirschen kein Wasser getrunken werden. Verschluckte man aus
Versehen – oder absichtlich – einen Kirschenstein, wurde man, infolge der unmittelbar
bevorstehenden Blinddarment-zündung, direkt ins nächste Spital gefahren.
Ein
absolutes Verbot galt ebenfalls dem noch warmen, frischen Brot. Und auch der
noch rohe Teig beim Backen war tabu.Am Abend durfte nichts mehr gegessen werden, weil es angeblich dick mache. Während ich meinen Bauch betrachte denke ich, dass auch dieses Verbot rein gar nichts genützt hat.
Auf Salz musste wegen des Blutdrucks verzichtet werden.
«Wenn
du mal 80 bist, wirst du noch an mich denken!»
Stimmt
nicht. Ich hatte bereits mit 40 zu hohen Blutdruck. Das strikte Salzverbot
verdanken wir der Fehlinterpretation eines Experimentes mit Ratten. Wir müssten
uns täglich (!) ein ganzes Pfund Salz einwerfen ...
Heute
stehen andere vor der Türe. Weder haben sie Hungerbäuche noch sind sie schwarz.
Nein, sie sind gut genährt und grün. Und sie wollen mir ihre Volksinitiative «Grüne
Wirtschaft» schmackhaft machen. Man will mir vorschreiben, wie ich mich zu
ernähren habe. Fleisch, Fisch und Milchprodukte sollen von meinem Teller
verschwinden. «Der
«ökologische Fussabdruck» der Schweiz soll – auf die Weltbevölkerung
hochgerechnet – eine Erde nicht überschreiten.» Welcher, mit Dyskalkulie
gesegnete, Werbetexter hat wohl diesen Wurmfortsatz zusammengebastelt?
Natürlich
wird meine Wurst nicht einfach so huschhusch von meinem Teller verschwinden.
Dazu braucht es zuerst neue Gesetze, Verordnungen und Vorschriften. Wieder
einmal will man mir Essensvorschriften machen! Und wieder einmal werde ich
wütend. Mein Fussabdruck gehört einzig und allein mir!
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