Sonntag, Juli 08, 2018

Klein


Eine Kolumne aus dem Buch "HUEHNERBRUST UND FEDERKIEL" von und mit Hanspeter Gsell, erschienen bei BoD. Erhältlich überall dort, wo es gute (und schlechte) Bücher gibt.


Ob klein gedruckt oder Kleingedruckt, das Wort ist mir zutiefst suspekt. Das "Kleingedruckte" dieser Welt symbolisiert nämlich nicht nur Kleinbürgerlichkeit und Kleinmut sondern auch den Kleingeist und manchmal auch noch das Kleingeld. Kleingedrucktes ist verwirrend wie ein Flugtarif, hinterlistig wie ein Kreditvertrag und hinterhältig wie eine Versicherungspolice. Und es begleitet uns durchs ganze Leben. 

Laut dem Kleingedruckten auf dem Beipackzettel „kann dieses Medikament Schwindelgefühl, Kopfschmerzen und Krämpfe auslösen, ihr Blutbild verändern und ihre Bauchspeicheldrüse entzünden.” Kann. Kann? 

Auch auf Lebensmitteln finden sich immer mehr klein gedruckte Kann-Hinweise zu meiner Gesundheit. Manchmal sind sie nur mit der Lupe zu entziffern: mein Kaugummi kann abführend wirken, die Lieblingsschokolade kann Spuren von Nüssen enthalten und das Sojamehl kann genverändert sein. Nur beim Basler Trinkwasser wissen wir seit einiger Zeit, dass es nicht nur Perchlorethen enthalten kann, sondern es auch wirklich enthält.

In der Gastronomie findet man kaum Kleingedrucktes. Und schon gar nicht das Wort „kann“. Wenn auf der Getränkekarte steht: ein Glas Champagner kostet 16 Franken, dann kostet es auch so viel. Und es gibt keine klein-gedruckten Hinweise wie „kann lauwarmen Prosecco enthalten” oder „kann auch ohne Kohlensäure oder überhaupt nicht serviert werden“.

Auch diese Glosse hat ihr Kleingedrucktes. „Kann zu Magenübersäuerung oder geistiger Verwirrtheit führen. Kann mit giftiger Tinte geschrieben sein.“



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