Sonntag, Juli 01, 2018

Sommer gesucht


Als mich Hurni von nebenan letzten Montag fragte, ob ich denn vielleicht einen Sommer zum Tauschen hätte, wurde mir bewusst, dass auch ich dem Fluch der Waden nicht entkommen konnte. Nein, auch ich musste mich – und dies mit allen Konsequenzen – mit dem Sammeln und Kleben von Fussballern, den so genannten Panini-Stickern, befassen. Hinterhältig wollte ich deshalb von Hurni wissen, weshalb der Sommer denn ein Panini sein soll. Da doch Sommer als Torhüter einmalig, damit auch sprachlich in der Einzahl und deshalb nur ein „Panino“ sein könne. Nun, Hurni beschloss zu diesem Thema keine weiteren Worte mehr zu verlieren. Natürlich freuen wir uns mit ihm, dass er nur die Contenance verloren hat, seine Worte jedoch behalten konnte, und gratulieren ihm auf diesem Weg zu seinem siebzigsten Geburtstag.

Es sind also nicht nur Schülerinnen und Schüler die der blinden Sammelwut verfallen sind. Nein, die Pandemie hat auch ganze Seniorenresidenzen erfasst. Anstatt die Rente in Pizza, Pasta und Pastetchen zu investieren, fliesst das Geld einer ganzen Generation direkt in die Kassen eines ausländischen Verlages.


Die Zeit ist reif, dass auch die Politik die tief verborgenen Instinkte aus unserer Vergangenheit als Jäger und Sammler reaktiviert: lasset uns verkaufen, sammeln, tauschen und kleben. Zum Beispiel mit dem hübschen Sammelalbum „Swiss Confederation“. Da kann dann eine begeisterte Bevölkerung ihre Lieblingspolitiker als Sticker und nach Partei, Herkunft und Konfession geordnet einkleben. Vielleicht könnte man auch Generaldirektoren von bundeseigenen Betrieben sammeln. Wobei bei diesen die Gefahr besteht, dass sie bei Drucklegung der Bilder aus beruflichen Gründen – selbstverständlich im gegenseitigen Einverständnis – nicht mehr zur Verfügung stehen. Also doch eher ein Sammelalbum mit lustigen Bildern von Autoren, Korrektoren und Verlegern. Dann kann ich endlich mit Hurni einen Sommer gegen zwei Gsell tauschen.

Als Schweizer sind wir ja nicht wirklich verwöhnt mit weltmeisterlichen Titeln. Nur in Ausnahmefällen, Randsportarten und Spezialdisziplinen wie Grillieren, Frisieren und Glassammeln gelingt uns der Griff zu mondialen Pokalen. Im Laufe der Evolution hat sich deshalb der Homo Helveticus zum perfekten Zuschauer entwickelt. Diese durchaus gute Tugend ist mir in den vergangenen Tagen völlig abhanden gekommen. 


Ich beschloss nämlich eines schönen Morgens, ab sofort meinen Dienst als Zuschauer zu verweigern. Ich will einfach nicht mehr auf Schritt und Tritt mit irgendwelchen Köbi’s über Messi oder Ronaldo diskutieren. Und schon gar nicht in jedem Restaurant auch noch mit weltmeisterlichen Menükreationen gastronomisch belästigt werden. 

Ich will weder gegrillte Doppeladler noch Cevapcici Petkovic, keinen Shaqiri-Toast und schon gar keinen Coupe Embolo*. Der Anblick von Kellnern in fussballerischen Landestrachten ist meistens eine Zumutung für das menschliche Auge. So hat man doch den untersetzten und bauchlastigen Uezgür von vis-à-vis in ein Schweizer Fussballtrikot der Grösse Triple-X ge-steckt. Er erinnerte mich dezent an Wilhelm Tell in seiner berühmten Pyjamaszene.

* Heute Sommer-Salat-Wetter.

Alles Shirts gefunden bei www.shirtcity.de




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.