Als mich Hurni von nebenan letzten Montag fragte, ob ich
denn vielleicht einen Sommer zum
Tauschen hätte, wurde mir bewusst, dass auch ich dem Fluch der Waden nicht
entkommen konnte. Nein, auch ich musste mich – und dies mit allen Konsequenzen
– mit dem Sammeln und Kleben von Fussballern, den so genannten Panini-Stickern,
befassen. Hinterhältig wollte ich deshalb von Hurni wissen, weshalb der Sommer denn ein Panini sein soll. Da doch Sommer als Torhüter einmalig, damit
auch sprachlich in der Einzahl und deshalb nur ein „Panino“ sein könne. Nun,
Hurni beschloss zu diesem Thema keine weiteren Worte mehr zu verlieren. Natürlich freuen wir uns mit ihm, dass er nur die
Contenance verloren hat, seine Worte jedoch behalten konnte, und gratulieren
ihm auf diesem Weg zu seinem siebzigsten Geburtstag.
Es sind also nicht nur Schülerinnen und Schüler die der
blinden Sammelwut verfallen sind. Nein, die Pandemie hat auch ganze
Seniorenresidenzen erfasst. Anstatt die Rente in Pizza, Pasta und Pastetchen zu
investieren, fliesst das Geld einer ganzen Generation direkt in die Kassen
eines ausländischen Verlages.
Die Zeit ist reif, dass auch die Politik die
tief verborgenen Instinkte aus unserer Vergangenheit als Jäger und Sammler
reaktiviert: lasset uns verkaufen, sammeln, tauschen und kleben. Zum Beispiel
mit dem hübschen Sammelalbum „Swiss Confederation“. Da kann dann eine begeisterte
Bevölkerung ihre Lieblingspolitiker als Sticker und nach Partei, Herkunft und
Konfession geordnet einkleben. Vielleicht könnte man auch Generaldirektoren von bundeseigenen Betrieben sammeln. Wobei bei diesen die Gefahr besteht, dass sie bei Drucklegung der
Bilder aus beruflichen Gründen – selbstverständlich im gegenseitigen
Einverständnis – nicht mehr zur Verfügung stehen. Also doch eher ein Sammelalbum
mit lustigen Bildern von Autoren, Korrektoren und Verlegern. Dann kann ich
endlich mit Hurni einen Sommer
gegen zwei Gsell tauschen.
Als Schweizer sind wir ja nicht wirklich verwöhnt mit
weltmeisterlichen Titeln. Nur in Ausnahmefällen, Randsportarten und
Spezialdisziplinen wie Grillieren, Frisieren und Glassammeln gelingt uns der
Griff zu mondialen Pokalen. Im Laufe der Evolution hat sich deshalb der Homo Helveticus zum
perfekten Zuschauer entwickelt. Diese durchaus gute Tugend ist mir in den
vergangenen Tagen völlig abhanden gekommen.
Ich beschloss nämlich eines schönen Morgens, ab sofort
meinen Dienst als Zuschauer zu verweigern. Ich will einfach nicht mehr auf
Schritt und Tritt mit irgendwelchen Köbi’s über Messi oder Ronaldo diskutieren. Und schon gar nicht in jedem Restaurant auch noch mit
weltmeisterlichen Menükreationen gastronomisch belästigt werden.
Ich will
weder gegrillte Doppeladler noch Cevapcici Petkovic, keinen Shaqiri-Toast und schon gar keinen Coupe Embolo*. Der Anblick von
Kellnern in fussballerischen Landestrachten ist meistens eine Zumutung für das
menschliche Auge. So hat man doch den untersetzten und bauchlastigen Uezgür von
vis-à-vis in ein Schweizer Fussballtrikot der Grösse Triple-X ge-steckt. Er
erinnerte mich dezent an Wilhelm Tell in seiner berühmten Pyjamaszene.
* Heute Sommer-Salat-Wetter.
Alles Shirts gefunden bei www.shirtcity.de
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