Kurz nach dem Wetterbericht von SRF1 sah ich ihn zum zweiten Mal. Er fuhr dicht hinter einer schwarzen Limousine und hatte offensichtlich die Absicht diese von hinten zu rammen. Unter Einsatz aller verfügbaren Mittel veranstaltete er auf der Überholspur ein Lichtgewitter mit Hupkonzert. Der Angreifer sass wild gestikulierend hinter dem Steuer und sein Vollbart erinnerte mich vage an Szenen aus Afghanistan. Sein Gesicht war wild verzerrt, seine Augen starrten mordlüstern auf den Gegner. Jedem Betrachter der Szene war klar: Der Fahrer des feindlichen Fahrzeugs würde die nächsten Kilometer nicht überleben. Da ich keine Lust verspürte, Zeuge eines blutigen Gemetzels zu werden, ging ich vom Gas und schon bald verloren sich Angreifer und Flüchtling im morgendlichen Nieselregen.
Etwas später begegnete ich
ihm beim Einkaufen im Grossmarkt. Er hatte seinen Lieferwagen direkt vor dem
Eingang geparkt und war dabei, Unmengen von Schachteln, Säcken und Kübeln zu
verladen. Aus organisatorischen Gründen hatte er sein Autodach zum
Zwischenlager für Schweinehälften umgenutzt und neben der offenen Fahrertür
standen die Kartons mit den argentinischen Filets auf dem sauberen Parkplatz.
Beim Verladen der Bierdosen lösten sich zwei Kistchen Tomaten aus ihrer
Verankerung. Und wie der Käse in der Werbung kullerten sie fröhlich hüpfend
über den Parkplatz und versteckten sich arglistig unter den geparkten Autos.
Ohne Hemmungen warf er sich auf den Boden und robbte unter die Autos. Schon
nach kurzer Zeit hatte er die Flüchtigen wieder eingefangen. Ich hatte Zeit,
das Mordinstrument genauer zu betrachten. Es war grau, gross und dreckig und
trug die Aufschrift eines bekannten Restaurants: «Hier kocht der Chef!»
Es ist ja sicher eine
gute Idee, Geschäftsautos mit Werbung zu versehen. Solche Werbung kann jedoch
ganz schnell das Gegenteil bewirken. Denn manchmal werden solche Autos von Menschen
gefahren, die sich im Strassenverkehr völlig rücksichtslos benehmen. Zu dieser
Gattung gehören leider auch viele Fahrer der Post und andere Paketzusteller.
Möchte ich wirklich
einen Maler in meine Wohnung lassen, der regelmässig viel zu schnell durchs
Dorf fährt? Würde ich dem Getränkehändler, der mir bereits zweimal die Vorfahrt
abgeschnitten hat, zwei Kisten Bier abkaufen? Und was ist mit dem Architekten,
der mich auf dem Zebrastreifen beinahe aufgeladen hätte? Den werde ich niemals
mein neues Haus bauen lassen! Ich werde zwar kein Haus bauen, meine Wohnung
genügt mir vollauf. Deshalb benötige ich auch keinen Maler und das Bier trinke ich
am liebsten auswärts. Allerdings nicht beim rasenden Chefkoch.
Nur gerade bei den
Pöstlern werde ich nachsichtig sein und ein Auge zudrücken. Sie könnten ja meine
Bratwürste aus St.Gallen an Bord haben.
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