Als
Ostschweizer liegen mir Würste nicht nur am Herzen, sondern manchmal auch auf
dem Magen. Ich esse sie leidenschaftlich gerne. Aber immer öfter verschafft mir
diese Leidenschaft jedoch tatsächlich Leiden. Was in der sommerlichen Schweiz
wieder an Schützenfesten und an privaten Grillpartys als Bratwurst aufgetischt
wird, lässt St.Galler erbleichen und Thurgauer weinen. Von Fett triefende,
manchmal auch Wasser lösende wurstförmige Erzeugnisse bräteln auf schlecht
gereinigten Grillstäben und mitunter Feuer schlagend vor sich hin. Mal sehen
sie aus wie nach einem Bombenangriff, mal sind sie nach Art der Kopfjäger
geschrumpft. Nicht einmal mit Senf ─ von eigentlichen Wurstdilettanten zur
geschmacklichen Aufbesserung aus verschmutzten Tuben gepresst ─ können solche Würstlinge
noch gerettet werden. Aber auch was Metzgermeister zwischen die besungenen zwei
Enden stopfen, ist wahrlich nicht immer meisterlich. Geradezu wurstverachtend
ist die Methode, bereits die Würste mit Ketchup zu füllen. Es ist wirklich zum
«aus der Haut fahren!». Aber das ist eigentlich die Aufgabe der Wurst. Genauso
wie es die Aufgabe der Post wäre, mir diese pünktlich zu liefern.
Um den
Wurstgenuss am diesjährigen Nationalfeiertag sicherzustellen, habe ich meine Bratwürste
in St.Gallen bestellt. Der Metzger wird, die am frühen Morgen produzierten
Würste am Montag zur Post bringen. Sie werden mir am Dienstag bis spätestens 9
Uhr zugestellt.
9 Uhr ist
vorbei, keine Post weit und breit. Auch vierzig Minuten später sind noch keine
Würste in Sicht. Ein Anruf beim Metzger bestätigt den pünktlichen Versand der
Waren, ich erhalte von ihm eine Paketnummer. Um 10 Uhr ist immer noch kein
gelber Wagen zu sehen, ich rufe bei der Post an. Haben Sie jetzt gelacht?
Richtig! Die Post hat nämlich keine Telefonnummer! Man kann zwar im Bundeshaus
anrufen, sogar einzelne Bundesräte sind im Telefonbuch zu finden. Nicht jedoch
die Post.
Die
Telefon-Auskunft, sie kostet so viel wie drei Bratwürste, verweist auf den
Kundendienst der Post. Dort will ein Computer für 8 Rappen pro Minute allerhand
Dinge von mir wissen, Nummern müssen eingetippt werden, zum Abschied wird man auf
eine Web-Seite verwiesen. «Herzlich willkommen. Sie befinden sich im
Kundencenter.» Ich befinde mich also IM Kundendienst-Computer der Post. «Sie
haben ein Anliegen? Wir helfen Ihnen gerne weiter.»
Nein, liebe
Pöstler, das haben Sie nicht getan! Ihre Marketingabteilung produziert zwar
Heissluftsalven wie: «Wir begegnen unseren Kunden auf Augenhöhe. Unsere
Angebote sind einfach, verständlich und unkompliziert.» Nein, sind sie nicht.
Wie viele andere Unternehmen verstehen sie unter der Bezeichnung «Kundendienst»
etwas völlig anderes als die Mehrzahl ihrer Kunden. Sie sind nicht auf
Augenhöhe. Genauso wenig wie ihr Computer!
Etwas später,
ich sitze immer noch IM Computer, spricht dieser zu mir: «Die Sendung wird
voraussichtlich heute eintreffen.» Sie sind dann auch «voraussichtlich»
verspätet eingetroffen. Das Wort «Entschuldigung» aber kennt der Postcomputer
nicht.
Kolumne erschienen in der VOLKSSTIMME 4450 Sissach
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