Donnerstag, August 28, 2014

Königinnenpastetli

Das kleine Restaurant in der Region war bekannt für seine Pastetli. Sie waren nicht nur riesig, selbstgemacht und preisgünstig. Es waren schlicht und einfach die weltbesten Königinnenpastetli! Natürlich verwendete man als Füllung weder Huhn noch Trute und schon gar keine Brätkügeli sondern geschnetzeltes Kalbfleisch und Champignons. Mit reichlich Weisswein abgelöscht, die Sauce suprême mit Crème fraîche verfeinert. Die Pastetli wurden zweimal wöchentlich in der hauseigenen Backstube hergestellt. Sie waren so gross, dass es keine Beilagen dazu brauchte. Ausser Erbsen. Aus der Büchse.

Eines Tages aber übernahm ein neuer Koch das Regime über Pfannen und Töpfe. Als er all die Büchsen sah, weinte er bitterlich und wurde sehr, sehr traurig. Und sehr wütend. Er schmiss die Konservendosen kurzerhand in den Sondermüll und servierte fortan frische Erbsen. Weil diese, im Gegensatz zu ihren Schwestern aus der Dose, auch wirklich nach Erbsen schmeckten! „Wir bleiben nicht gut, wenn wir nicht immer besser werden zu trachten“, meinte er wohl mit Gottfried Keller. Aber weder interessierten sich die Stammgäste für Dichtkunst, noch waren sie der gleichen Meinung wie der Koch.

Ihnen war es nämlich völlig egal wie frische Erbsen schmecken! Sie wollten Erbsli die sie an die alten Zeiten erinnerten. Erbsli sollen nicht wie frische Erbsli schmecken, sondern wie Erbsli aus der Dose. Wie Kugellager eben. Mehlige Kugellager mit dem Geschmack der 68er-Jahre, mit leicht süsslich-muffiger Note nach feuchter Zeitung und einer Prise Aromat. Die frischen Erbsli konnten den Gästen gestohlen bleiben, dieser penetrante Geschmack nach Erbsen war ihnen zuwider.

Nach zwei Wochen hatte unser Koch auch noch die letzten Gäste weggekocht. Im Internet zirkuliert seither ein Selfie das ihn an einem Fliessband zeigt. Er sortiert jetzt Erbsli.

Alle Angaben zu meinen Büchern finden Sie hier: www.gsellschreibt.blogspot.com



























Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.