Der
altherrschaftliche Bau trieft geradezu von helvetischer Geschichte.
In seinen legendären Räumen wurden Regierungen gestürzt, Vögte in
die Wüste geschickt und neue Staaten gegründet. Und auf der alten
Sandsteintreppe zum heutigen Restaurant verlor manch dubioser Despot
seinen Kopf und manchmal auch sein Leben. Und hier also, so stehts
zumindest im Gourmetführer geschrieben, soll heute ein Mensch „mit
viel Liebe marktfrisch kochen“. Mit seiner kreativen Küche und
seinem Charme will er mich als Stammgast gewinnen und „mich am
Zauber des Individuellen teilhaben lassen“ (!?). Er stelle mein
Bedürfnis in den Mittelpunkt und biete Qualität ohne Wenn und Aber.
Ich muss sogar davon ausgehen, dass ich nicht nur im wahrsten Sinne
des Wortes sondern in wirklich jeder Beziehung „König“ sein
werde. Sogar etabliertes Mitglied einer Gilde sei er, dieser
Charmebolzen. Noch ahnte ich nicht was dies zu bedeuten hatte und
suchte mir in der Weinkarte einen Schoppen Wein aus. Verzaubert
erklärte mir der designierte Königsmacher, dass dieses hehre
Tröpfchen leider gerade ausgegangen sei. Obwohl ich natürlich
wahnsinnig gerne gewusst hätte, wohin es denn ausgegangen sei,
verzichtete ich auf eine Wortmeldung und wählte eine Alternative.
Leider war auch sie bereits ausgegangen. Etwas irritiert deutete ich
auf die Nummer drei, die sich aber bereits mit Nummer vier, fünf und
sechs im Ausgang befand. Schön, dass man hier meine Bedürfnisse
sofort erkannt hat. Ich wählte ebenfalls den Ausgang.
Ich
erwarte in keinem Restaurant der Welt eine Weinkarte mit Hunderten
von Provenienzen. Ich habe auch kein Problem damit, wenn einmal ein
Wein nicht vorrätig sein sollte. Wenn jedoch die Hälfte aller
angebotenen Flaschen nicht verfügbar ist, dann ist dies
unprofessionell und gastfeindlich. Solchen Wirten bleibt nur der Weg
aller Flaschen: den Abgang durch den Ausgang.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.