Donnerstag, Februar 06, 2014

Italianità



Als mir der Baron mitteilen liess, dass wir heute Abend in einem echt italienischen Ristorante essen würden, kam mir dieser Vorschlag spanisch vor. Wo sollten wir denn sonst essen, in Florenz? Etwa beim Chinesen? „Punkt 21.00 Uhr bei Gianni an der Piazza Santissima Annunziata“, stand auf der Einladung. Sie war auf gregorianischem Pergament gedruckt, roch diskret nach Edelrose und steckte in einem lindengrünen Couvert. Giannis Trattoria war wohltuend anders als die meisten florentinischen Ristoranti. Kein italienischer Touristenkitsch, keine verstaubten Plastikschinken, die von nikotingelben Decken hingen; keine Heiligenbildchen. Und vor allem kein Fernsehgerät, in dem zum tausendsten Mal der letzte Sieg der italienischen Nationalmannschaft über die Deutschen gezeigt wurde. Auch das Essen war anders. Ob es auch wohltuend anders sein würde? Zur Vorspeise gab es etruskische Haferflocken an einer Grütze aus halbwilden Spinatblüten. Das anschliessende Süppchen sollte angeblich eine Brühe aus Codericci und Bartiletti sein. Da mir niemand erklären konnte, um was es sich hierbei handeln könnte, verzichtete ich darauf. Weiter gab es Quarkrouladen sowie ein Fischlein von zweifelhaftem Aussehen. Eigentlich aber hatte ich Lust auf Teigwaren! Auf meine Frage hin implodierte die Stimmung und es wurde totenstill. Nach einiger Zeit räusperte sich der Baron ungewöhnlich laut, derweil Giannis Gesicht rot angelaufen war. „Mamma mia! Dies ist ein echt italienisches Ristorante! Pasta aber, dieses Teufelszeug, stammt aus China!“ Ich antwortete ihm, dass dies doch schon ein paar Hundert Jährchen her sei und man doch langsam mal ein Auge zudrücken könne. „Hier wird gar nichts zugedrückt, schon gar keine Augen“, meinte er und erschlug eine Fliege die sich auf seine italienische Nase setzten wollte. Italianità ist manchmal ganz schön anstrengend! Mamma mia!



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