Das kleine Gasthaus liegt irgendwo
zwischen Lützelflüh und Langnau, sein tiefgezogenes Walmdach
verheisst Geborgenheit, der Geranienschmuck stimmt versöhnlich und
ich stelle mein Auto auf den Parkplatz hinter dem Haus. Von der nahen
Weide grunzen gefällige Schweine.
Im Nebengebäude befindet sich eine
Metzgerei. Neugierig werfe ich einen Blick in den Verkaufsraum und
erstarre. Unter einem Himmelszelt voller Würste entdecke ich IHN.
Ihn, den ich bereits ausgestorben glaubte, so wie das doppelt
gehörnte Murmeltier oder die Moosgrundel. So muss es Gustl B.
ergangen sein, als er vor wenigen Jahren die vermeintlich
ausgestorbene Bayrische Kurzohrmaus wiederentdeckte!Ich betrete das Paradies und deute wortlos auf IHN. Vorsichtig pflückt ihn die Metzgersfrau vom Wursthimmel und stemmt den prächtigen Beinschinken auf ein Schneidebrett. Von Hand schneidet sie sorgfältig Tranche um Tranche, der Duft ist himmlisch. „Darfs es bitzi meh sii vom Hamme?“ Jaaaa! Viel mehr! Denn seit vielen Jahren habe ich keinen echten, ganzen, gekochten Beinschinken mehr gesehen oder davon gegessen.
Ich denke an Hurni mit seinem lächerlich teuren, spanischen Schinken von Schweinen der Rasse Pata negra, das Kilo zu 150.-- Franken. Als er letzte Woche wiedermal die Schweizer Sauen durch den Dreck ziehen wollte, entgegnete ich verärgert: „Mein lieber Hurni, Würstchen sollten nie ein Schwein eine Sau nennen!“
Natürlich sagte ich ihm nicht, dass
ich diesen Spruch beim österreichischen Satiriker Karl Kraus
entliehen hatte.
Und ich werde ihm auch nicht sagen, wo
es den besten Hamme zum Preis von 30.-- Franken das Kilo zu kaufen
gibt. Nein. Ihm nicht.
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