Freitag, April 24, 2015

Auf der Suche nach Gauguin - Los Angeles


III Los Angeles

„Merke du auf, sobald du des Kranichs Stimme vernommen,
Der alljährlich den Ruf von der Höh' aus den Wolken dir sendet
Bringt er die Mahnung doch zum Säen, verkündet des Winters Schauer...“
Mit diesen Worten verabschiedete ich mich in Los Angeles von der Lufthansa. Und ich hoffte immer noch, dass sich der alte Grieche geirrt hatte. Wir wollen nämlich zu Gauguin. Natürlich hätte ich die grosse Gauguin-Ausstellung in Basel besuchen können. Aber wieso einfach, wenn es auch komplizierter geht. Ganz abgesehen davon, dass ein Bild von Gauguin nur in der Hitze einer tropischen Nacht wirklich zur Geltung kommt. Und solche Nächte gibt es in Basel nicht.
Die Hitze finden wir zwar in Los Angeles, einem weiteren Zwischenhalt auf unserer Reise zu Gauguin. Ich glaube nicht, dass Paul diese Stadt geliebt hätte. (Wie sie bemerken, habe ich zum vertraulichen DU gewechselt – man kommt sich ja mit der Zeit etwas näher.) Zu schrill ist das Leben hier, zu hell das Licht, zu grell die Farben, zu extravertiert die Vergnügungssucht, zu fett die Menschen.

Bildergebnis für Hollywood
Hier war eigentlich ein Essay über Los Angeles geplant. Der Text war bereits geschrieben, ich habe ihn wieder gelöscht. Die Zeit war einfach zu kurz, die Atmosphäre dieser faszinierenden Stadt einfangen zu können. Nicht, dass ich nicht schon über Orte geschrieben hätte, die ich nie besucht habe. Schliesslich hatte ich als Jugendlicher alle Bücher von Karl May gelesen. Aber ich wäre dieser Stadt nicht gerecht geworden.
 
Am nächsten Tag flogen wir nach Auckland. Piloten, Geographen und Vielflieger werden mit jetzt vorwerfen, keine Ahnung von Tuten und Blasen und schon gar nicht von meinem Reiseziel zu haben. Papeete, der letzte Zwischenhalt auf meiner Reise zu Gauguin, liege doch auf halbem Weg zwischen Los Angeles und Auckland. Natürlich, ihr Besserwisser! Aber der Flug via Auckland nach Tahiti (17 Stunden) war wesentlich billiger als ein Direktflug von Los Angeles nach Tahiti. Und da ich als freischaffender Journalist kaum auf Spesenersatz hoffen darf, reise ich nicht nur in der Holzklasse, sondern auch zum jeweils günstigsten Tarif.  Da ich in meinen Texten auch keinerlei lobende Hinweise auf Airlines platziere („nie so komfortabel gereist“), Lügen über Hotels verbreite („nie so gut geschlafen“) und Restaurants belobige („nie so gut gegessen“) fallen auch Sponsorenbeiträge weg. Und deshalb sitze ich an einem wunderschönen Montagmorgen auf dem Flughafen von Auckland und warte auf den Weiterflug nach Papeete. Nachdem wir dabei ein weiteres Mal die Datumsgrenze überschreiten werden wir dort bereits am Sonntagnachmittag ankommen. (Ja, ich weiss: Das mit dem „Ueberschreiten“ ist nicht wörtlich zu nehmen, wir werden sie „Ueberfliegen“.)

P.S. Gott sei Dank kennt sich meine Frau mit den Zeit- und Datumsverschiebungen bestens aus. Ich versuche schon gar nicht, mein Uhr umzustellen.

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