Mein Weg zu Gauguin führt über Frankfurt und zu den
ersten Zweifeln, ob ich doch vielleicht zu
pensioniert sei, mich solchen Torturen zu unterziehen. Obwohl ich durch frühere Erfahrungen mit unhöflichen,
rechthaberischen und überheblichen Lufthansa-Mitarbeitern der Gattung „Grus
lufthanseatis“ hätte gewarnt sein sollen: Es kam alles noch viel schlimmer. Der
Bestand der „Grus“ – der Kraniche – hatte zwar massiv abgenommen. Leider aber
waren sie nicht mit netten Menschen aus Fleisch und Blut, sondern durch
Check-in-Automaten aus Blech und Plastik ersetzt worden. Im Wissen, dass es
noch keine Automaten gibt, die mit meiner genetisch bedingten Abneigung gegen elektronisches
Gerät fertig werden, wandte ich mich an ein zufällig vorbeikommendes Wesen.
„Nein!“ antwortete Es auf meine Frage, ob ich denn nicht
angesichts meines musealen Alters bei einem richtigen Menschen für den Flug zu
Gauguin einchecken könne.
Zaghaft näherte ich mich dem elektronischen Säulenwald
und begann zu lesen.
„Legen Sie ihr Ticket mit dem FGiK6dç nach oben nach
unten.“
Es war wohl Zeit, die Hilfe des netten Assistenten in
Anspruch zu nehmen.
Ich wollte ihn eben fragen, was denn die tiefere
Bedeutung von FGiK6dç sei und ob mit unten vielleicht oben oder umgekehrt
gemeint sei.
„Iss neu, manchmal kaputt, mache so. Oder so. Oder
so.“
Ratzfatz hatte er sich meines Tickets sowie meines
Passes bemächtigt, steckte alles in einen Schlitz und tippte wie ein
wildgewordener Affe auf einer Tastatur herum.
„Verflixt, FGiK6dç, kaputt, nix, grosses Scheisse!“
Sagte es und drückte mir einen Zettel in die Hand. „Schalter 165 hilft Ihnen weiter,
gute Reise!“
Wenn „Kranich“ der Überbegriff für unhöfliche,
rechthaberische und überhebliche Mitmenschen ist, dann war die Dame am Schalter
165 ein Kolibri, ein höflicher, netter und zuvorkommender Piepmatz.
„Oh je!“ seufzt sie. „Sie haben keinen biometrischen
Pass, deshalb brauchen Sie ein Visum für die USA!“
Mein Pass aber war derart biometrisch wie das
vermessene Leben nur sein kann. Der Computer aber verweigerte sich jeder
Korrektur der Passdaten. Erst nachdem das Buchungssystem der Lufthansa zusammengebrochen
war, gelang es dank eines fulminanten Neustarts, meine Passdaten zu
korrigieren. Dabei waren jedoch die Sitzplätze abhandengekommen. Meiner Frau
wurde der Notsitz im Cockpit zugeteilt, ich selbst sollte im Gepäckabteil
mitreisen. Irgendwann gegen Mitternacht hatte unser Kolibri jedoch sein Werk vollbracht
und ich war stolzer Besitzer der Boardingkarten. Gottseidank hatten wir uns
entschieden, bereits am Vorabend einzuchecken. Ansonsten wäre die Reise zu
Gaugin wohl bereits zu Ende gewesen.
Es war schon beinahe Mitternacht als wir das Hotel
erreichten. Im Traum erschien mir ein unbekannter aber alter Grieche und
deklamierte:
„Merke du auf, sobald du des Kranichs Stimme vernommen,
Der alljährlich den Ruf von der Höh' aus den Wolken dir sendet
Bringt er die Mahnung doch zum Säen, verkündet des Winters Schauer...“
Der alljährlich den Ruf von der Höh' aus den Wolken dir sendet
Bringt er die Mahnung doch zum Säen, verkündet des Winters Schauer...“
Hoffentlich irrt er sich. Wir wollen nämlich zu Gauguin.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.