Dienstag, September 25, 2018

Ulithi - Palmwein, Trutenärsche und ein Hühnerdieb



Vom Autor des Buches IMMER WIEDER FERNWEH - Logbuch eines Inselsammlers - erschienen bei BoD
Hanspeter Gsell

Es gibt Inseln, die einzig einem bestimmten Zweck dienen. Nehmen wir zum Beispiel Ikik. Dieser Sandhaufen liegt rund sieben Paddelstunden nördlich von Ik. Aufgrund der entfernten Lage dient Ikik seit Generationen als Jugendstrafvollzugsanstalt. Nachdem vor einigen Jahren ein paar Jungs beim Tütenrauchen versehentlich das Grundbuchamt abgefackelt hatten, wurden sie von Paramount-Chief Otto nach Ikik in die Verbannung geschickt.
Jetzt lebten sie weit weg von den Versuchungen der vermeintlichen Zivilisation und konnten gemächlich ihr Mütchen kühlen. Nur manchmal brauten sie sich einen Schoppen Palmwein.
Zu diesem Zweck steigt man mit ein paar leeren Flaschen auf die nächste Palme. Man knickt einen dicken Stängel um, steckt diesen in den Flaschenhals und fängt das tröpfelnde Nass auf. Ist die Flasche voll, holt man sie herunter und stellt sie in die Sonne. Da die Flüssigkeit zuckerhaltig ist, startet bald einmal die Fermentation, der Saft wird zum Weinchen, nennt sich Falupa und bereichert das dürftige Abendmahl. Zufrieden setzt man sich unter einen knorrigen Brotfruchtbaum, erzählt sich alte Geschichten und singt traurige Lieder.

Das Menu auf der Insel ist nach unsern Begriffen etwas eintönig. Sofern der alte Wong nicht wieder mal vergessen hat seine letzte Rechnung zu bezahlen und deshalb keine Vorräte mehr hat, wird ein Pfännchen Reis gekocht. Man isst, wenn man Hunger hat und nicht weil 12.00 Uhr oder 18.00 Uhr ist.
Aus der Brotfrucht, einer Art riesiger Baumkartoffel, kann man leckere Menus zaubern. Ob als Insel-Stocki, als Lagunen-Chips oder als pazifische Salzkartoffeln: tut gut, schmeckt gut. Und ist unglaublich nahrhaft. Nach zwei Löffeln ist man beinahe schon satt. Um unsern Stocki etwas zu variieren, kann man auch Taroblätter darunter mischen. Die schmecken so ähnlich wie Spinat. Anstelle einer Beutelsauce bedient man sich der heimischen Kokosnussmilch.
Die allgegenwärtige Kokospalme kann im wahrsten Sinne des Wortes von der Wurzel bis zur Spitze verwertet werden. Aus den Blättern fertigt man sich einen Makrame-Jupe, bedacht das Hüttchen neu oder flechtet sich ein schickes Handtäschchen für die Betelnüsse. Aus den Fasern webt man einen Perser für das Vorzimmer und mit dem Holz kann man ein gemütliches Feuerchen machen. Die Kanus hingegen sind nicht aus den Stämmen von Kokospalmen, sondern von Brotfruchtbäumen geschnitzt. Die Milch aus den Nüssen trinkt man, das Fleisch trocknet man und die Kopra verkauft man dem alten Wong.
Bereichert wird das Menu mit Spam, Sardinen aus der Büchse und Trutenärschen.
(Haben Sie jetzt laut aufgeschrien? Vielleicht wegen der Sardinen aus der Dose? Sie können sich wieder beruhigen, man mag die hier wirklich!)
Was aber sind Trutenärsche? Nun, eigentlich genau das, was der Name sagt. In unserer industriellen Tier- und Nahrungsmittelproduktion findet jedes, noch so gering geachtete Körperteil seine Abnehmer. Man kann die Unaussprechlichen in der Grosspackung, tiefgekühlt, gesalzen und gewürzt für einen Dollar das Kilo kaufen. Wenn man sie lange genug gekocht, schmecken sie kaum schlechter wie eine miese Wurst.
Ab und zu fischt man auch. Und da es von Getier nur so wimmelt, geht dies unglaublich schnell. Man hängt ein Stück Bananenschale an einen alten Haken, schmeisst ihn rein, und schon hat ein Fisch angebissen.
Es gilt jetzt, das Nachtessen so schnell wie möglich an Land zu ziehen. Sonst hat der nächstgrössere Fisch den Fang schon wieder von der Angel geholt. Wenn man das Spiel lange genug spielt, hat man manchmal auch einen Hai an der Angel.
Hai jedoch isst man hier ungern. Denn ein altes mikronesisches Sprichwort lautet:
„Wer Hai isst, der wird auch vom Hai gefressen“.

Aus dem Buch IKEFANG UND GUTGENUG - Südseegeschichte von Hanspeter Gsell erschienen bei BoD




Donnerstag, September 20, 2018

Ulithi Der Kaiser von Lucastan

Wir schreiben September 1944 und es begab sich auf der kleinen Insel Mogmog im Ulithi-Atoll, nordöstlich von Yap, in der Mitte von bloody-damn-all. Für SUV-Besitzer hier die Koordinaten für das Navigationssystem: 9º 47’ N, 140º 7’ E.  
Die Richtung Japan vorrückenden amerikanischen Truppen hatten über der von feindlichen Soldaten besetzten Insel Flugblätter abgeworfen, um die Einheimischen vor der bevorstehenden Invasion zu warnen. Trotzdem traf sich der amerikanische Küchengehilfe Bob K. heimlich und in der Hitze der Nacht mit Prinzessin Kalara, der Tochter von König Ueg zu einem tropischen Techtelmechtel. Sie waren die ersten und letzten Toten des Kampfes um die Insel. Die Prinzessin erhielt ein Staatsbegräbnis, der Koch wurde auch nicht berühmt.
Einige Monate später, die Insel war in der Zwischenzeit von der amerikanischen Armee besetzt und übernommen worden, traf sich der Vorgesetzte von Bob, Küchenchef Stewart „Stu“ Lucas mit König Ueg von Mogmog zum Kartenspiel. Stu, seines Zeichens Oberfeldwebel und gerichtsnotorischer Falschspieler, hatte leichtes Spiel und zog Seine Majestät in kürzester Zeit über den Tisch beziehungsweise über die Steinplatte. Er besiegte ihn mit einem Blatt aus vier Achten und einem einäugigen Buben. Sein Gewinn: ein gutes Drittel der Insel Mangajang.
Stu zögerte nicht lang, gründete die „Freie Republik Lucastan“ und putschte sich unverzüglich zum Kaiser auf Lebenszeit. Er nannte sich fortan The Grand Panjandrum, das siegreiche Pokerblatt ziert die Flagge des neuen Ländles.
 Politologen, die sich mit der Geschichte Lucastans befassen meinen jedoch, dass es sich hier unter keinen Umständen um eine Republik handle, sondern bestenfalls um eine „dezentralisierte, demokratische Diktatur“. So regiert der Kaiser zwar mit absoluter Autorität, trotzdem kann jeder machen, was er will.
Manche bezeichnen diese Regierungsform auch als ein „entparlamentarisiertes System“. Das heisst, jeder kann ein Ministerium gründen, es verkaufen, verschenken oder stehlen. Entscheidungen werden je nach Lust und Laune gefällt, widerrufen oder in Frage gestellt.
Lucastan hat weder ein Weisses Haus noch sonst ein Haus, unterhält jedoch zahlreiche Konsulate auf der ganzen Welt. Sämtliche Bürger von Lucastan sind per Gesetz automatisch Konsuln auf Lebenszeit und geniessen diplomatische Immunität. Wahlen kann jeder jederzeit verlangen. Zum Beispiel wenn bestimmt werden muss, wer um die Ecke zum Chinesen gehen soll.
Etwas eigenartig ist die Tatsache, dass keiner der Bürger in Lucastan wohnt, die ganze Bevölkerung lebt im Exil. Zum Bürger ernannt wurde jeder der am Gründungstag der Republik zufällig anwesend war.
Die Haupteinnahmequellen von Lucastan sind das Offshorebanking, Steuerflüchtlinge, die Geldspielerei, Whiskyschmuggel und die illegale Entsorgung von Handfeuerwaffen. In Lucastan gibt es keine Einkommenssteuern, da die Einnahmen aus Bestechung und Korruption vollauf genügen.
Die Staatsbank verfügte per Ende 2002 über folgendes Vermögen:  
Zwölf US-Dollars, 10’000 Reichsmark, eine 1’000-Cruzeiro-Note aus Brasilien, zehn holländische Gulden, eine fotokopierte 1-Milliarden-Banknote der Bank of Zimbabwe aus dem Jahre 2000. Ein reiches Sortiment an Monopoly-Geld, unter anderem eine „Verlasse das Gefängnis“-Karte sowie eine „Gehe auf direktem Weg ins Gefängnis“-Karte. Im weiteren zwei 10-Dollar-Coupons von Mac Donalds New York und drei französische Postkarten von den Neuen Hebriden (nicht barbusig).
Dazu kamen mehrere hölzerne Dollar aus Aserbaidschan, Kleingeld aus Aruba, Somalia und Turkmenistan, einige wertlose Aktien sowie eine ungültige Visa-Karte.
Im Jahre 2002 wurde die Universität von Lucastan gegründet. Sie bietet nach eigenen Angaben Studien in verschiedenen Disziplinen an, ohne jedoch Disziplin zu verlangen – ausser „man stehe auf so etwas“.
Angeboten werden Kurse in post-rationaler Diskurstechnik, ökologischer Ambivalenz, Feng-Shui-Mathematik, unpopuläre Kulturen, Befestigungstechnik beim Fliegenfischen sowie die Topografie von Diagrammen feministischer Nadelarbeiten.

Aus dem Buch IKEFANG UND GUTGENUG
Hanspeter Gsell, Verlag BoD





Montag, September 17, 2018

Ulithi 1 Brüllende Winde






Es gibt den Orkan, den Hurrikan, den Taifun, Blizzards, Tornados, Wind- und Wasserhosen. Je nach Weltgegend und Ausmass nennt man es anders, wenn einem ein Sturm die Haare zersaust.
Klar haben wir alle schon mal einen Sturm erlebt. Im Vergleich zu ihren tropischen Vettern war dieser wohl eher ein Sturm im Wasserglas. Wenn die äquatorialen Wettergötter mal so richtig schlecht gelaunt sind, dann ist die Hölle los! Bei Windstärken von weit über 200 km/h und Spitzen von bis zu 300 km/h fliegt buchstäblich alles davon.
Solche Super-Taifune sind keineswegs selten. Eher selten brechen sie über bewohnte Gebiete herein. Sollte es trotzdem passieren, sind die Folgen verheerend. Keine Palme steht mehr, Hütten und Häuser lösen sich in ihre Bestandteile auf und landen nach Hunderten von Kilometern irgendwo im Meer. Noch gefährlicher als der Wind an sich, sind umherfliegende Kokosnüsse und Wellblechdächer. Die Nüsse werden zu fliegenden Kanonenkugeln, die Dächer zu messerscharfen Wurfmessern, die eine Palme mühelos durchsäbeln können. Die brüllenden Winde überdecken locker den Lärm eines startenden Jumbojets.
Zum Albtraum werden die Taifune auf flachen Inseln. Das Land wird völlig überflutet und alles, was nicht fest verankert ist, verschwindet für immer im Meer.
Auf solchen Inseln hält man sich deshalb immer ein paar dicke Seile in Reserve. Hat Grossvater Hütte und Boote so gut wie möglich gesichert, bindet er zuerst seine Familie und zuletzt sich selbst an einer möglichst dicken Palme fest.
Im Anschluss helfen nur noch inniges Beten und die Hoffnung auf himmlischen Beistand. Da sich der dafür zuständige Missionar angesichts der bedrohlichen Wetterprognosen jedoch längst aus dem Staub gemacht hat, wartet Grossvater auch heute noch auf eine göttliche Eingebung.

Aus dem Buch Ikefang und Gutgenug
Hanspeter Gsell 
erschienen bei Bod
erhältlich als Paperback oder E-Book



Samstag, September 15, 2018

Ulithi 1 Nach dem Taifun

Glück gehabt! Der Taifun MANGKHUT hat im Gebiet der Föderierten Staaten von Mikronesien (FSM) kaum Schäden angerichtet. So sind auch die Inseln Yap und Ulithi mit dem Schrecken davon gekommen. Etwas böser erwischt hat es Guam, die amerikanische Insel ca. 1'000 km östlich von Yap. Hier wurden Palmen wegrasiert, die Strassen und Keller standen unter Wasser und in einigen Quartieren hatte man tagelang keinen Strom. Trump interessiert sich zur Zeit eher für "seinen persönlichen Taifun", der sprachlich ein Hurricane ist, und den Süden der USA überschwemmt. In Guam hat es kaum republikanische Wähler. 

Etwas weniger Glück hatte man im Norden der Philippinen, allerdings ist die Nachrichtenlage noch dürftig. Nun zieht MANGKHUT weiter Richtung China. Im Gegensatz zu den USA ist man dort hervorragend organisiert. Wie wir aus vertrauensvoller Quelle wissen, wurden bereits vor Tagen Flugblätter mit Verhaltensregeln verteilt. Nur gerade die Verfügbarkeit von Gummistiefeln sei etwas rückläufig. 

Good luck! 

Keine Ahnung, was diese Stiefel hier sollen. Sind nämlich nicht wasserdicht!

Mittwoch, September 12, 2018

Ullithi 1 Airport


Ein Atoll ist ein ringförmiges Riff, in der Regel ein Korallenriff, das eine Lagune umschließt. Das Wort Atoll stammt aus dem Dhivehi, der Sprache der Malediven. Das Korallenriff bildet einen Saum von häufig äußerst schmalen Inseln aus, die nach dem polynesischen Wort für „Insel“ meist als Motu bezeichnet werden. In der Lagune können sich noch Reste des ehemaligen Vulkangipfels als Inseln über den Meeresspiegel erheben. DANKE WIKIPEDIA.




Location
City:  Falalop Island, Ulithi Atoll, YapMicronesia (Federated States of)
Name:Ulithi Civil Airfield
IATA:ULI
FAA LID:TT02

Details
Type:Airport (Aerodrome, Airfield)
Use:Public/Civil
Latitude:10°01'12"N (10.019919)
Longitude:139°47'23"E (139.789750)
Datum:WGS 1984
Elevation:16 ft (5 m)
Variation:0.46°E (WMM2015 magnetic declination)
-0.08° annual change
Runways:1
Longest:3000 × 75 ft (914 × 23 m), paved

Montag, September 10, 2018

Ulithi 1 Nicht schon wieder ein Taifun!


Im Meer zwischen den westlichen Karolinen (Pohnpei, Kosrae, Chuuk) und den Marschall-Inseln läuft die Produktion von Taifunen wieder auf Hochtouren. Praktisch alle Stürme, die später auf das asiatische Festland treffen, werden hier "geboren". Manchmal machen sie einen Umweg über die Philippinen und drehen erst dann nordwärts.
MANGKHUT wird in den nächsten Stunden über Guam und die nördlichen Marianen ziehen. Die Einwohner wurden informiert, viele von ihnen werden die Nächte wohl in speziellen Bunkern und Unterständen verleben.
Good luck!

Freitag, September 07, 2018

Ulithi 1 Die Vorbereitungen

Noch etwas mehr als zwei Monate, dann geht es wieder los. Noch fehlen mir ein paar Inseln in meiner Sammlung. Dieses Jahr kommen wieder ein paar Neue dazu: Das Ulithi-Atoll mit seinen (bewohnten) Inseln Falalop, Asor, Mogmog, Fedraey und Mangeyangh (Lucastan).
Bereits vor Jahren habe ich diese Reise geplant. Einmal war die Fluggesellschaft gegroundet, einmal hat kurz vor unserer Ankunft (2015) der Taifun Maysak die Inseln kurz und klein geschlagen. Bei Windgeschwindigkeiten von über 250 Stundenkilometern blieben nur einzelne Grundmauern stehen, die lebenswichtigen Bäume wurde alle weggesäbelt. Tröstlich war nur, dass keine Menschen zu Schaden kamen.

Das veranschlagte Reisegeld haben wir der Bevölkerung gespendet, ein Freund auf der benachbarten Insel Yap hat uns dabei geholfen. 




Natürlich kann uns auch dieses Jahr das Wetter noch einen Strich durch die Rechnung machen. Trotzdem muss alles vorbereitet werden. Theoretisch kann man das Ulithi-Atoll von Yap her mit einem Frachtschiff erreichen. Da die Fahrpläne jedoch nie mit den tatsächlichen Abfahrtzeiten übereinstimmen, musste ich die Planung ändern. Pacific Missionary Aviation (PMA) fliegt ein- bis zweimal pro Woche von Yap nach Falalop. Wir werden tatsächlich mit den Missionaren fliegen!
Unser Freund Detlef auf der Insel Yap wird uns bei der Buchung helfen. Genauso wie bei der Suche nach einer Unterkunft, Hotels gibt's nämlich im Ulithi-Atoll keine.





Bleiben Sie mir und meinem Blog treu: Es wird mit Sicherheit noch ganz schön spannend werden!