Freitag, Januar 29, 2016

Der Gast auf 31 F - Vorspeise

Für viele Jahre war Lufthansa meine bevorzugte Fluggesellschaft, dank ihrer Mitgliedschaft bei der „Star Alliance“ stand mir ein weltweites Streckennetz zur Verfügung. Weder verfügt Lufthansa über breitere Sitze noch wird besseres Essen serviert, die Höflichkeit verbietet es mir, über den Charme deutscher Flugbegleiterinnen zu sprechen. Nein, der ausschlaggebende Punkt war – neben dem Streckennetz – die Pünktlichkeit und die Verlässlichkeit. Nach schlechten Erfahrungen im mittleren Osten („Weh mir, Emir“) und den jahrelangen Streiks bei Air France, buchte ich deshalb meinen Flug nach Orlando/Florida wiederum bei Lufthansa. Und dies, obwohl kürzlich die Piloten gestreikt hatten. Da man sich jedoch mehr oder weniger gütlich geeinigt hatte, glaubte ich an eine problemlose Reise.
Aber ich hätte es besser wissen müssen, Denn, Glaube an sich macht im besten Fall selig und sonst gar nichts. Der Flug in die USA verlief unauffällig, der Messebesuch ebenfalls. Und so erhielt ich 24 Stunden vor dem Rückflug die beruhigende Nachricht, dass der Flug pünktlich abfliegen würde, das Check-in bereits geöffnet sei. Meine Hoffnung auf eine pünktliche Rückreise wurde jedoch einige Stunden später durch eine neue Message zerstört. Der Flug sei aufgrund eines Streiks des Kabinenpersonals gestrichen worden. Man solle sich – so weiter im Text – bei einer der folgenden Nummern melden. Die netten Mitarbeiter würden sich dann unverzüglich und kulant um unsere Rückreise kümmern. Leider hatte ich keine Gelegenheit, irgendeinen netten Mitarbeiter kennenzulernen. Dank der Geiselnahme von zehntausenden Reisenden durch grössenwahnsinnige und weltfremde, Gewerkschafter waren die Hotlines nicht erreichbar. Ich habe als Unternehmer jahrelang und problemlos mit Gewerkschaften zusammen gearbeitet. Ich habe deren Anliegen auch gegenüber andern Kollegen vertreten, ich glaubte an deren Notwendigkeit. Damit ist es nun allerdings vorbei. Was sich die beamteten Gewerkschafter und ihre tumben Gefolgsleute geleistet haben unterstützt mich im Glauben an die Aussagen von Michael O’Leary, dem umtriebigen Chef von Ryanair. Fluggesellschaften die sich derart von Gewerkschaften abhängig machen, haben keine Chancen auf eine Zukunft. Genauso schuldig am Untergang wird jedoch auch die Führungsriege sein. Ihr kollektives Versagen war derart beschämend, dass man es fast nicht für möglich hält.

Mich beschleicht das ungute Gefühl, dass man die Krise nach Kohl’schem Vorbild aussitzen wollte und auf ein Eingreifen der Politik wartete. Frau Merkel jedoch hatte zu dieser Zeit ganz andere Probleme, machte die Raute und schwieg.

Die Textmitteilungen folgten nun im Stundentakt. Einmal versprach man mir, dass der Flug am folgenden Tag durchgeführt würde um auch dies zu widerrufen. Man bot mir (es war Sonntagmittag) für Mittwoch einen Flug von Chicago nach London an, ohne mir allerdings mitzuteilen, wie ich denn von Orlando nach Chicago kommen würde. Ob man eine Wandergruppe plante? In drei Tagen würden wir es zu Fuss kaum bis nach Chicago schaffen!

Robi, ein Bekannter aus Zürich hatte die rettende Idee. Er buchte für uns einen Rückflug mit der Lufthansa-Tochter Swiss ab Miami. Da ein einfaches Ticket Miami – Zürich teurer war als ein Retourflug, buchten wir denn nicht benötigten Flug Zürich – Miami gleich mit. Wir bestellten einen Mietwagen, erreichten zeitig den Flughafen, konnten zügig einchecken. Am benachbarten Lufthansa-Schalter harrten derweil hunderte von Reisenden, darunter auch Familien mit Kindern, auf eine Rückflugmöglichkeit. Ich gehe davon aus, dass einige davon in der Zwischenzeit verhungert sind.

Im nächsten Post: Der Gast auf 31 F - Die Hauptspeise

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