Fatu Hiva ist die Insel der Superlativen: die Südlichste,
die Insel mit den meisten Niederschlägen, die Üppigste, die Abgeschiedenste,
die Authentischste. Ganz im Süden der Marquesas-Insel gelegen, besteht dieses
Eiland aus zwei verschachtelten Vulkanen und Dutzenden von Buchten. Darunter
befindet sich auch die Jungfrauenbucht, eine der wohl schönsten Flecken dieser
Welt. Da ich beim Beschreiben von Landschaften einen deutlichen Hang zum Kitsch
habe, versuche ich die Chose rezeptartig in den Griff zu bekommen: „Man nehme
ein norwegisches Fjord, heize das Ganze auf 28 Grad auf und lasse rundherum
Palmen und exotische Blumen fallen. Anschliessend setze man ein paar Hundert
Pferde aus, stelle links und rechts riesige, phallusartige Felssäulen auf und
fertig ist die Bucht der Jungfrauen.“
Ursprünglich hiess sie übrigens Bucht der Penisse. Dies
passte den bigotten Missionaren natürlich nicht, sie änderten kurzerhand den
Namen. Was diese Gesundbeter hier auf den Marquesas sonst noch angerichtet haben,
geht auf keine Kuhhaut. Sie haben den Ureinwohnern so ziemlich alles genommen
was deren Kultur repräsentierte. Ihre alten Götter wurden per Dekret
abgeschafft und durch einen Neuen ersetzt. Kultstätten wurden zerstört,
Tätowierungen verboten. Die alten Lieder durften nicht mehr gesungen werden,
Choräle mussten her. Die freie Liebe wurde verboten, man durfte nicht mehr
nackt durch die Wälder tanzen, Hemd und Hose, Jupe und Bluse mussten her. Bevor
ich jetzt wieder in einen gottlosen Schreibrausch verfalle und sehr, sehr
wütend werde, beende ich dieses Thema und empfehle Ihnen den Kauf meines Buches
„Ikefang und Gutgenug – Geschichten aus der Südsee“, erschienen bei BOD.
Auch auf Fatu Hiva, wie auf allen andern Inseln in den Marquesas,
gibt es Petroglyphen zu sehen, in Stein gehauene Abbildungen von Tieren,
Symbolen und kleinen grünen Männchen. Grün deshalb, weil sie von Flechten
überzogen sind. So wie die Petroglyphen waren auch die Tikis, steinerne Zeugnisse
früherer Häuptlinge, immer wieder gut zur Begründung wilder Fantasien. Und
deshalb war natürlich auch unser aller Erich von Däniken hier und hat erfolglos
nach seinen UFO-Göttern gesucht. Auch der Norweger Thor Heyderdahl lebte über
ein Jahr auf Fatu Hiva. Er war in den 50er-Jahren auf einem selbst gebastelten
Floss, der Kontiki, von Peru nach Polynesien geblasen worden. Seine Reise hätte
beweisen sollen, dass die Polynesier ursprünglich aus Südamerika stammten. Mit
diesen Theorien – sie wurden inzwischen wissenschaftlich widerlegt – hat er
sich auf der Insel ziemlich unbeliebt gemacht. Derart unbeliebt, dass er aus
der Jungfrauenbucht vertrieben wurde.
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