Sonntag, September 17, 2017

Dein Name sei Otto (2)

Aus dem Logbuch eines Inselsammlers
U, Pohnpei

Wie Chief Otto zu seinem Namen kam

Bevor ich die Familienchronik weitererzähle, möchten Sie vielleicht noch wissen, wieso ein Insulaner eigentlich den Familiennamen Otto trägt. Sicher werden Sie es ahnen: Es sind die letzten Erinnerungen an die deutschen Südseekolonien.
Nachdem Deutschland 1899 diese Kolonien günstig von den Spaniern erwerben konnte, tat man zuerst das, was man am besten konnte: Man reorganisierte die Inseln ruckzuck-zackzack. Und da die Einheimischen bis dahin keinerlei Nachnamen hatten, wurde ihnen als Erstes ein christlich-germanischer Familienname verpasst. Auch wenn es keine schriftlichen Unterlagen über das System der Namensgebung gibt, kann ich mir die ganze Chose folgendermassen vorstellen.
 
Eines schönen Morgens, noch waren die Palmen von sanftem Tau überzogen,blies der kaiserliche Trompeter zum Antrittsverlesen. Es wurde der Grösse nach in Einerreihe eingestanden. An einem kleinen zusammenlegbaren Tischchen sass der Amtsschreiber und tat seine Pflicht. Zu seiner Linken stand ein Edler Wilder und wedelte anmutig mit einem Palmblatt. Zu seiner Rechten hielt Schütze Schmitz den Vorderlader im Anschlag.
Da man den Einheimischen keine allzu komplizierten Namen zutraute, einigte man sich auf eine Auswahl einfacher, möglichst einsilbiger und einprägsamer Namen. Zur Auswahl standen beispielsweise Otto, Fritz und Franz. Je nach Körpergrosse und Aussehen wurden diese Namen ehrlich und redlich unter den Anwesenden verteilt.
Und so kam es, dass unser Chief vom kaiserlichen Amtsschreiber zum Otto geschlagen wurde.

Es ist schon spät, als wir uns von Chief Otto verabschieden und ins Hotel zurückkehren. Es wird das letzte Mal sein, dass wir hier übernachten …

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