Dienstag, Februar 06, 2018

Gouverneure und Kobras

Es begab sich vor langer Zeit irgendwo in Hinterindien. Es herrschte eine dramatische Schlangenplage. Praktisch auf jedem Baum hatte es sich eine Kobra gemütlich gemacht, liess ihren Schwanz hängen und tat vornehmlich das, was Kobras eben so zu tun pflegen, nämlich nichts. Manchmal aber hatten sie Hunger, verliessen ihren Baum und taten sich gütlich. So lebten sie glücklich und zufrieden, genossen die indische Sonne und manchmal ein feines Curry. Wurde es ihnen langweilig, liessen sie sich von einem Schlangenbeschwörer in einen Korb stecken um diesen alsbald, aber spätestens beim Ertönen einer Flöte, wieder zu verlassen.


Als der Gouverneur Ihrer Majestät von der lustigen Schlangenvermehrung hörte, beschloss er, fortan Land und Leute besser zu schützen. Er erliess zu diesem Zweck ein Dekret und verfügte, dass die Kobras einzufangen und zu vernichten seien. Um dieses Vorhaben zu beschleunigen, zahlte er für jede Kobra einen ansehnlichen Betrag. Schon nach kurzer Zeit reduzierte sich deren Bestand rapide und manch Kobrafänger kam zu einem stattlichen Einkommen und einem Chalet am See. Gewiefte Inder – und welcher Inder ist schon nicht gewieft! – machten sich ihre Gedanken. Denn sie befürchteten zu Recht, dass ihr Einkommen bald ausgeschlängelt haben könnte. Also sprachen sie – natürlich indisch – und begannen erfolgreich mit der Zucht von Kobras. Und so lebten sie lange Zeit glücklich und zu-frieden.

Natürlich finden wir es alle gut, dass es in der Schweiz weder Kobras noch listige Gouverneure gibt. Aber von irgend etwas gibt es natürlich auch hier immer zu viel. So soll es – laut Schweizerischem Cafetierverband – in der Schweiz zu viele Cafés geben. Nun sind Cafés zwar deutlich weniger gefährlich als Kobras. Auch lassen sich Cafetiers weder in Körbe packen noch mit Flöten locken und schon gar nicht mit einem Curry abspeisen. Dann doch eher mit einer grosszügigen Stilllegungsprämie. Gewiefte Unternehmer sollten sich deshalb schleunigst daran machen, einige hundert Cafés zu eröffnen. Dank den Prämien werden sie ein glückliches und zufriedenes Leben führen können. Vielleicht sogar im Chalet am See.

Der Schweizer Cafetier-Verband ging Ende 2005 wortwörtlich fremd und hatte eine Bieridee: man wollte weniger Betriebe auf dem Markt. Der Ausstieg sollte mit satten Prämien aus dem Alkohol-zehntel versüsst werden. Die Suppe allerdings wurde von links und rechts heftig versalzen und die Idee ist wohl dort gelandet wo sie auch hingehört: im Kaffeesatz.

Aus meinem Buch Hühnerbrust und Federkiel, Verlag BoD


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