Allenthalben werden nicht mehr nur in Büros von Birkenstockträgern kleine Öllämpchen zur leistungssteigernden Bewusstseinserweiterung entzündet. Auch in Hotels und Restaurants haben diese aladinesken Lustspender Einzug gehalten. Ob „gefallenes Buchenlaub“ oder „überreife Vanille“, ob „rosa Grapefruit“ oder „zartbraune Haselnuss“: fast unbemerkt werden unsere Nasen und Sinne beduftet. Stiere Kunden werden zu spendablen Konsumenten, grummeliges Personal zu freundlichen Mitarbeitern und Teller werfende Küchenchefs zu liebenswürdigen Patrons.
Ich entschloss mich deshalb, zukünftig ebenfalls Duftwaffen einzusetzen und beschaffte mir über meinen Duftberater ein grösseres Arsenal geheimnisvoller und Erfolg versprechender Essenzen. Meine Steuererklärung wurde mit Korianderöl parfümiert, der Antrag auf Verschiebung des Zivilschutzdienstes mit einem Hauch Moschus versehen. Das Kreditgesuch für die Bank wurde mit Zitronenmelissenblüten bestäubt und meine Checks duften seit kurzem unterbewusst nach Teebaumöl.
Nun, die Steuererklärung kam mit dem Vermerk „unleserlich“ zurück, vom Zivilschutz erhielt ich sofort ein Aufgebot für eine mehrtägige Überlebensübung; das Kreditgesuch wurde abgelehnt und meine Checks waren immer noch nicht gedeckt. Ein befreundeter Öllampenfetischist unterstellte mir natürlich sofort, dass ich ja eh nicht daran glauben würde und deshalb nütze es eben auch nichts. Ich konvertierte deshalb aus eigenem Interesse sofort und übte mich in der Folge im Glauben.
Ich habe diesen Text mit einer Mischung aus Bananenstaudenessenz,
Brennnesselsamen und mit dem Zirbeldrüsenextrakt eines tibetanischen
Murmeltieres beträufelt. Führen Sie jetzt Ihren Bildschirm ganz nahe an Ihre Nase.
Nein – näher. Atmen Sie tief ein, entspannen Sie ihren Körper, und ein
unbändiges Verlangen, mir einen Dankesbrief zu schreiben, wird Sie befallen.
Und mein Verleger wird aus tiefster Seele überzeugt sein, sofort mein
Zeilenhonorar erhöhen zu wollen. Denn: wer’s riecht, der glaubt’s.
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