Ich liebe Werbung: eine schön fotografierte Anzeige, einen amüsanten Werbefilm oder eine witzige Kampagne. Aber ich hasse Werbung, wenn sie mir in oder unter den Teller gelegt wird.
Da sitze ich nichts ahnend am Tisch, bestelle meinen Wurstsalat und schon springt er mir in das Gesicht: der klassische Reizartikel gutbürgerlicher Küchen: das Werbe-Tischset. In der Mitte das unausweichliche Foto vom Dorfbrunnen samt Geranien und darum herum die einöden Inserate des lokalen Gewerbes.
Der Metzger empfiehlt, der Bäcker verspricht und die Brauerei tut es auch. Die Raiffeisenkasse buhlt, in der Landi gab’s letzten Monat zu jedem Rasenmäher eine Heckenschere gratis und Almdudler erfrischt weiterhin.
Selbstverständlich drehe ich das Tischset sofort um. Und
kann mich jetzt den unzähligen Plakaten, Rotairs und Tischstellern zuwenden,
die mir das Blaue vom Himmel für Kehle und Gaumen versprechen. Über dem Buffet
grüssen freundlich Obi und Rivella, das Clausthaler kommt
im Heinekenglas und mein Stumpen liegt im Aschenbecher von
Spenglermeister Hämmerli, derweil der Kellner im T-Shirt von Pepsi Cola
meine Bestellung mit dem Sinalco-Kugelschreiber auf dem Henniez-Block
notiert. In der Toilette lasse ich mich von der Wirksamkeit der neuen
Prostata-Pillen überzeugen und im Radio läuft gerade der Spot von der Migros.
Auf dem Rückweg an meinen Tisch nehme ich noch schnell am
Wettbewerb von Virgin Cola teil, errubble mir erfolgreich eine Fahrt mit
dem Postauto und treffe, zusammen mit dem Wurstsalat, wieder an meinem Platz
ein. Ich esse nur langsam, denn irgendwie befürchte ich, gleich auf einen Button vom Cash & Carry oder einen Flyer von Unilever zu stossen. Doch
meine Vorahnungen bestätigen sich nicht: Der Teller ist und bleibt werbefrei.
Zum Kaffee gibt’s Kaffeerahm von DJ Bobo und der Zuckerbeutel verspricht mir
viel Vergnügen im Telefonmuseum Islikon. Der Guestcheck ist von Visa
und das Bonbon zur Rechnung von Mastercard. Zum Abschied gelingt mir
gerade noch ein geflüstertes „Servus“ – auf ein Wiedersehen lasse ich mich
nicht ein – und verlasse fluchtartig diese monströse Werbefalle. Bei einem
letzen Blick zurück grüssen einsam Feldschlösschen
und Amstel, die verregneten Sonnenschirme von Marlboro scheinen hämisch zu grinsen und auf der Plastik-Schiefertafel von Eptinger
steht kreideverschmiert: „Hier kochte der Chef, bevor er zur Plakatgesellschaft
ging.“
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