Dienstag, April 03, 2018

Werbefallen

Liebe Leser: Sie können sich dieses Posts auch abonnieren. Unten auf dieser Seite E-Mail-Adresse eingeben, und schon erhalten Sie eine Nachricht, wenn's wieder was Neues zu lesen gibt.

Ich liebe Werbung: eine schön fotografierte Anzeige, einen amüsanten Werbefilm oder eine witzige Kampagne. Aber ich hasse Werbung, wenn sie mir in oder unter den Teller gelegt wird.
Da sitze ich nichts ahnend am Tisch, bestelle meinen Wurstsalat und schon springt er mir in das Gesicht: der klassische Reizartikel gutbürgerlicher Küchen: das Werbe-Tischset. In der Mitte das unausweichliche Foto vom Dorfbrunnen samt Geranien und darum herum die einöden Inserate des lokalen Gewerbes.

Der Metzger empfiehlt, der Bäcker verspricht und die Brauerei tut es auch. Die Raiffeisenkasse buhlt, in der Landi gab’s letzten Monat zu jedem Rasenmäher eine Heckenschere gratis und Almdudler erfrischt weiterhin.


Selbstverständlich drehe ich das Tischset sofort um. Und kann mich jetzt den unzähligen Plakaten, Rotairs und Tischstellern zuwenden, die mir das Blaue vom Himmel für Kehle und Gaumen versprechen. Über dem Buffet grüssen freundlich Obi und Rivella, das Clausthaler kommt im Heinekenglas und mein Stumpen liegt im Aschenbecher von Spenglermeister Hämmerli, derweil der Kellner im T-Shirt von Pepsi Cola meine Bestellung mit dem Sinalco-Kugelschreiber auf dem Henniez-Block notiert. In der Toilette lasse ich mich von der Wirksamkeit der neuen Prostata-Pillen überzeugen und im Radio läuft gerade der Spot von der Migros.

Auf dem Rückweg an meinen Tisch nehme ich noch schnell am Wettbewerb von Virgin Cola teil, errubble mir erfolgreich eine Fahrt mit dem Postauto und treffe, zusammen mit dem Wurstsalat, wieder an meinem Platz ein. Ich esse nur langsam, denn irgendwie befürchte ich, gleich auf einen Button vom Cash & Carry oder einen Flyer von Unilever zu stossen. Doch meine Vorahnungen bestätigen sich nicht: Der Teller ist und bleibt werbefrei. Zum Kaffee gibt’s Kaffeerahm von DJ Bobo und der Zuckerbeutel verspricht mir viel Vergnügen im Telefonmuseum Islikon. Der Guestcheck ist von Visa und das Bonbon zur Rechnung von Mastercard. Zum Abschied gelingt mir gerade noch ein geflüstertes „Servus“ – auf ein Wiedersehen lasse ich mich nicht ein – und verlasse fluchtartig diese monströse Werbefalle. Bei einem letzen Blick zurück grüssen einsam Feldschlösschen und Amstel, die verregneten Sonnenschirme von Marlboro scheinen hämisch zu grinsen und auf der Plastik-Schiefertafel von Eptinger steht kreideverschmiert: „Hier kochte der Chef, bevor er zur Plakatgesellschaft ging.“

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.