Montag, April 02, 2018

Arrivederci Roma

Gestern Mittag war ich wieder einmal zu Pizza und Pasta bei meinen Lieblings-Italienern Toni und Dino. Pünktlich um 14.10 Uhr intonierte Peppino di Capri ein herzergreifend geschluchztes Arrivederci Roma, und ich kam wieder zu spät ins Büro. Na gut. Aber Peppino singt jetzt seit über 20 Jahren Arrivederci Roma, und zwar täglich um 14.10 Uhr.

Bei Giuseppe werden abends nicht nur die Drei, sondern Legionen von Heldentenören akustisch aktiviert. Um sie erst gegen Mitternacht und nach der dritten Reprise des Gefangenenchors wieder abtreten zu lassen. Im Bären war gestern der CD-Player defekt, so dass Elton John immer die gleichen drei Lieder singen musste. Und im Sternen gab’s zur Suppe Paola, zum Kotelett den gleichnamigen Walzer, und der angegraute Kellner summte leise Siebzehn Jahr’, blondes Haar. Dabei ist doch die menschliche Stimme das schönste aller Instrumente, das Gespräch die einzig wahre Musik!
Es geht allerdings auch das Gerücht um, dass in manchen Gaststuben das Radio nur deshalb läuft, damit man den Pleitegeier nicht krächzen hört. Aber nicht nur landauf und landab sondern weltweit werde ich heute als Gast mit Musik berieselt – ob ich es will oder nicht. In manchen internationalen Hotels wird die Musik gar zum Dauerbegleiter. In der Lobby spielt ein leibhaftiges Streichquartett, im Lift streicht sich das Rondo Veneziano die Geigenbögen krumm und im Zimmer be-grüsst mich der Fernseher mit alten Klassikern und einem hinterhältigen „Herzlich willkommen Mr. Xeller – drücken Sie ENTER“. Worauf das Inhouse-Entertainment-Center sofort auch die Lautsprecher im Bad und im begehbaren Kleiderschrank aktiviert.

Die eigentlichen Spezialisten in Sachen Musikauswahl und Qualität sind jedoch die Fluggesellschaften. Was in den meisten Flugzeugen – als Ouvertüre vor dem Start oder als Finale nach der Landung – aus den Bordlautsprechern quillt, kann nur die Auswahl eines musikalisch Minderbemittelten sein. Wobei natürlich schon das Wort Lautsprecher an sich eine irreführende Bezeichnung ist. Da verliere ich doch bereits während des ersten Taktes jegliches Vertrauen in die viel beworbene technische Kompetenz. Ist es nicht unglaublich, dass sich offenbar sämtliche Airlines dieser Welt mit solchen erbärmlichen Standards zufrieden geben?
 
Aus dem Buch Hühnerbrust und Federkiel von Hanspeter Gsell, erschienen im Verlag BoD. Oder das neue Buch kaufen:
 
 



 
 
 

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