Wir befinden uns auf der Insel des
Steingeldes. Bei diesem «Geld» handelt es sich nicht um Kleingeld, sondern um
Riesenmünzen in der Grösse einer Pizza Napoli (5 Franken), eines Wagenrades
(126 Franken) oder eines Mühlsteines (399 Franken).
Man ging mit diesen Münzen weder in die
nächste Bar noch zur Sparkasse. Sie symbolisierten andere Werte. Sie waren zwar
durchaus handelbar, allerdings wurden sie nur im Immobilien- und Ablasshandel verwendet.
Tatsächlich brauchte man die Klopse vorwiegend, um allerhand Streit zu
schlichten.
Sollte zum Beispiel Jüngling A der Jungfer B
in einer Vollmondnacht etwas zu nahe getreten sein, wird Vater B von Vater A
Genugtuung in Form eines Geldsteins verlangen. Man nannte dies hier auch «einen
Stein vom Zaune brechen».
Die Chiefs verhandelten solche Fälle in einer
öffentlichen Freiluftarena. Unter schattigen Palmen hatte man ihnen, da sie
weise und somit auch schon ein bisschen älter waren, steinerne Rückenlehnen
eingegraben. Dort sassen sie dann bis sie noch weiser geworden waren und gaben
bereits nach wenigen Tagen ihren Richtspruch bekannt: Vater B erhielt von Vater
A zwei Mühlsteine.
Natürlich handelt es sich bei diesen Steinen
nicht um irgendwelche ordinäre Felsbrocken. Da könnte ja jeder sein Geld selber
machen! Den wunderbar glitzernden Aragonit/Kalzit findet man auch nicht in Yap,
sondern auf der Insel Palau. Die Stein- und Geldbrüche waren ganz schön weit
weg!
Musste die Staatsbank ihre Reserven
aufstocken, konnte sie nicht einfach der nächsten Druckerei telefonieren. Da
mussten schon die Auslegerboote losgeschickt werden! Nur die jüngsten und
kräftigsten Männer wurden mit diesen aussergewöhnlichen Kanus auf die Reise
übers Meer geschickt. Je nach Wind und Wetter dauerten solche Fahrten zwischen
einigen Wochen und mehreren Monaten.
In Palau angekommen, musste zuerst mit den dortigen
Chiefs verhandelt werden. War man sich handelseinig geworden, ging’s ab in die
Steinbrüche. Man haute die Münzen Stück für Stück aus dem Berg. In die Mitte
der steinernen Dublonen bohrte man anschliessend ein Loch. Zum Transport schob
man ein Rundholz hindurch und konnte sie so mühelos auf zwei Schultern
wegtragen.
Da das Geld zu gross und zu schwer war, um es
im Boot zu transportieren, band man es kurzerhand darunter.
Wieder war man wochenlang unterwegs. Die
Überfahrten waren vielfach stürmisch; eigentlich waren sie immer stürmisch. So
kam es, dass nur wenige Boote die Fahrt bis nach Hause schafften. Umso weniger
Steingeld jedoch die Heimat erreichte, desto wertvoller waren nachher die
einzelnen Steine.
O’Keefe merkte bald einmal, wie das mit dem Steingeld
funktionierte. Er heuerte eine Hundertschaft Palauer an und liess sie «Geld
hauen». Mit einem voll beladenen Schiff fuhr er zurück nach Yap und warf das
Geld auf den Markt. Bezahlbar in Seegurken.
Die Yaper staunten nicht schlecht, stürzten
sich ins Wasser und pflückten Seegurken en gros. Wir kennen den Wechselkurs von
Seegurken und Steingeld leider nicht. Tatsache ist, dass O’Keefe in kürzester
Zeit zum Meister aller Seegurkenhändler aufstieg.
Er beschloss, sich zur Ruhe zu setzen und
baute sich in der Lagune von Yap ein Häuschen. Die Yaper waren des Lobes voll, schwammen
im Geld und lebten glücklich und zufrieden. Der Chief von Yap schenkte ihm
seine minderjährige Tochter, schon bald heirateten sie, hatten viele Kinder,
und als der Chief starb, wählte der Ältestenrat O’Keefe zum König von Yap.
Noch sind die Ruinen von O’Keefes Haus zu
sehen. Und in «O’Keefes Kanteen», einer trendigen, verrauchten Bar, findet man
allerhand Andenken und Bücher. Die Riesenmünzen aus Steine aber findet man
immer noch zu Hunderten auf der Insel. Einzeln hinter kleinen Häuschen stehend,
oder versammelt in «Steinbanken». Und die Floskel «Häsch mir hundert Stei?»,
macht plötzlich Sinn.
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