Dienstag, August 22, 2017

Wie werde ich Eroberer - Aus dem Logbuch eines Inselsammlers 1

Die Föderierten Staaten von Mikronesien (FSM), sind theoretisch eine eigenständige Nation. Sie bestehen aus vier Staaten mit jeweils Hunderten von bewohnten und unbewohnten Inseln. Sie liegen zwischen den Philippinen und Hawaii; von der östlichsten zur westlichsten Insel liegt die ungeheure Distanz von dreitausend Kilometern. Der Verwaltungsaufwand ist demensprechend gewaltig, dessen Nutzen gering. Mikronesien gehört, statistisch gesehen, zu den ärmsten Ländern der Welt. Man kennt zwar keine Hungerarmut, der Hunger nach Bildung und ärztlicher Versorgung jedoch ist gewaltig. Zur Föderation gehören die Inselstaaten Yap, Chuuk, Pohnpei und Kosrae. Von diesen Inseln und ihren Menschen handeln die folgenden Geschichten aus Mikronesien.

Wie werde ich Eroberer

Europa arbeitete sich mühsam durchs Mittelalter. Man schlug sich gegenseitig die Köpfe blutig und auch sonst war allerhand los. Was Hungersnöte und die Pest nicht schafften vollbrachte die katholische Inquisition. Und die ersten Portugiesen zogen aus, die Welt zu entdecken. Da sie dies durchaus gründlich taten, sichteten sie eines Tages auch unsere Inseln. Aber dazu später mehr.
Vorerst sollte die Frage geklärt werden, wie man denn überhaupt Eroberer wurde. Welche Berufslehre eignete sich zur Ausübung dieses Berufes? Diese Frage kann leicht beantwortet werden: Es war völlig egal! Leif Eriksson, der alte Wikinger, war Sohn von Beruf und tat, was sein Vater, Erik der Rote, ihm vormachte. Ein bisschen totschlagen hier, ein wenig erobern dort, in wohlschmeckenden Robbenfellen schlafen und die Wikinger anführen.

Kolumbus schaffte es dank einer Tellerwäscherkarriere vom Schiffsjungen bis zum Admiral und Entdecker Amerikas; Kollege Pizarro wurde als uneheliches Kind einer Magd geboren, blieb Zeit seines Lebens Analphabet und eroberte kurz mal das Inkareich. James Cook war das Kind eines schottischen Tagelöhners und begann seine Karriere als Schiffsjunge.

Die mikronesischen Inseln wurden wohl eher zufällig entdeckt. Es war also nicht so, dass irgendein Berufsentdecker eines schönen Morgens ausrief: Ich werde jetzt Mikronesien erobern!
Ein Wort zur damaligen Schifffahrt: Stellen Sie sich einen mittleren Ausflugsdampfer auf dem Bodensee vor. Und jetzt halbieren Sie ihn, setzen drei Segel oben drauf und packen zweihundert Leute rein. Geschlafen wurde in Dreierschicht, zu essen gab es Sauerkraut (zwecks Vitamin C) und Schiffszwieback (zwecks Beherrschung des Sauerkrauts). Es muss wahrlich ungemütlich gewesen sein!
Zu den üblichen Navigationsproblemen kam hinzu, dass man in diesen Zeiten wenig wusste über Meeresströmungen und Winde. Und so passierte es, dass manche Expedition ein völlig anderes Ziel erreichte. Genau so muss es gewesen sein, als der staatl. dipl. portugiesische Kapitän Alfonso Dublon plötzlich eine völlig unbekannte Insel vor sich sah. Ohne jemanden zu fragen notierte er in seinem Logbuch: «Habe für Vaterland und die heilige Kirche neue Insel entdeckt: Sie heisst ab sofort Dublon».
Eine besondere Landplage waren die nächsten Ankömmlinge: die amerikanischen Walfänger. Sie benutzten einzelne Inseln als Lebensmittellager für ihre Walfangflotten in der Antarktis. Sie brachten sowohl Schweine als auch Hühner mit und überliessen diese den Einheimischen zur flotten Vermehrung.
Gleichzeitig tauchten auch die ersten spanischen Gallonen auf. Die Spanier dachten jedoch nicht daran, die Inseln wirklich in Besitz zu nehmen. Es war die spanische Kirche, die auf Seelenjagd ging. Die Armee half den Pfaffen, die Inseln leidlich zu befrieden, baute üblicherweise eine Kirche und ein Pfarrhaus und verabschiedete sich dann wieder.
Auch britische und deutsche Handelshäuser liessen auf einigen Inseln Filialen errichten. Man handelte mit Kopra, dem getrockneten Fleisch der Kokosnüsse. Man bezahlte anfangs mit Glasperlen und Werkzeugen, später auch mit Gewehren und Schnaps.

→ Fortsetzung folgt

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.