Nennen wir ihn Kari Koch. Ersten gibt es ihn nicht.
Zweitens aber gibt es ihn sehr wohl. Er ist eine Art virtueller Feind geistiger
Festplatten, ein bösartiger und virulenter Virus der Gattung „Rentabilitosa gastronomis“. Übertragen
wird er durch Tröpfcheninfektion an Vereins- und Verbandsanlässen, Urheber ist
eine Gruppe betriebswirtschaftlicher Endzeit-Strategen.
Kari Koch ist stolz darauf, dass seine getrüffelte Gänseleberpastete
noch nie – auch nicht von weitem – eine Gans gesehen hat. Zu den Trüffeln
schweigen wir lieber. Sein Coq
ist ein dänisches Käfighuhn und der Dézaley
dazu stammt von den zusammengeschütteten Resten des letzten Banketts. Der
Parmaschinken kommt aus dem Tessin, das Bündnerfleisch ist ein billiges Imitat.
Der Champagner im Sorbet ist keiner und das Cüpli ist ein Frizzantino. Die
Bodenseefelchen stammen aus holländischen Aquakulturen, die Mozzarella di Bufala von ordinären
Kühen. Karis hausgeräucherter Speck kommt vom Cash & Carry und sein Schinken ist ein aus irgendwelchen
Teilen zusammengepresster jämmerlicher Fleischhaufen. Seine Pouletschnitzel
sind, wie auch die unvermeidlichen Fischstäbli, zerkleinerte und wieder
zusammengesetzte Bestandteile animalischer Herkunft. Karis Kaviar ist
eingefärbter Rogen unbekannter Abstammung, der Weisse Trüffel ist ein
aromatisiertes Ersatzprodukt aus der Türkei. Wenn man bei Kari Mineralwasser
bestellt, bekommt man selbstverständlich karbonisiertes Leitungswasser und den
zwanzigjährigen Whisky macht er aus vier Fünfjährigen. Statt Martini
gibt’s ein Generikum.
Nun – Kari Koch gibt’s nicht wirklich. Oder – Kari Koch
ist immer der andere. Aber – Kari Koch sieht man nicht. Aber auch – Kari Koch
kann in allen sein. Im Küchenchef, wenn er stolz erzählt, dass er noch
günstigere Poulets gefunden hat. Im Einkäufer, wenn er eine noch günstigere
Quelle für „Weissnichtwas“ gefunden
hat. Im Sommelier, wenn er einen wirklich günstigen Schaumwein gefunden hat.
Und im Chef de Bar, wenn er den absolut günstigsten Cognac eingekauft hat.
Billig bleibt billig, auch wenn man günstig dazu sagt. Vergessen Sie deshalb diese Worte sofort. Überlassen Sie diese Unwörter den Discountern, Telefongesellschaften und dem Nachbarn. Denn die Steigerungsreihe von billig lautet: billig, billiger, am billigsten, nichts. Denn nur „nichts“ ist billiger und erst noch gratis. Kari Koch hilft gerne dabei. Günstig und billig.
Wenn Markt im Dorf war, zog es mich als kleinen Jungen
unwiderstehlich zum „Billigen Jakob“. Bei ihm gab es alles zu kaufen, was man
auf dem Land zum täglichen Leben so brauchte: Hagenbuchige Hosen, Nagelschuhe
und Melkschemel. Allerhand Lederzeug, grosskarierte Hemden und handgestrickte
Socken. War ein Verkauf abgeschlossen, liess er gekonnt ein paar Hosenträger in
die Streben des grossen Sonnenschirms schletzen, warf das Geld in eine grosse
Holzkiste und knallte den Deckel so laut zu, dass man es noch bei Bartholdi
hinter der Kirche hörte. Der Billige Jakob war alles, aber sicher nie „billig“.
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