Als erfahrener Gast hatte ich natürlich bereits eine Alternative vorgesehen und so bestellte ich – immer noch lächelnd – den schweren Roten. Ich hätte es besser nicht getan! Inzwischen etwas vorsichtiger geworden, verlegte ich mich auf das Zufallsprinzip. Mit geschlossenen Augen ertippte ich mir einen mittelschweren Roten. Der im Trunke ergraute Sommelier zog seine linke Augenbraue in die Höhe und erstarrte zur Sprechblase. Bevor auch nur eine einzige weitere Worthülse seine geschürzten Lippen verlassen konnte, ergab ich mich feierlich, warf sinnbildlich ein imaginäres Handtuch und überliess die weitere Auswahl dem befrackten Herrscher über tausend Weine.
Als ich mich umdrehte sah ich, wie sich im Fenster ein
dunkler Schatten spiegelte. Gebückt, in Eile und mit Schlapphut, schlich sich
eine sonderbare Gestalt durch den unordentlichen Vorgarten zum benachbarten
Gasthof. Böses ahnend versteckte ich mich konspirativ unter den hängenden
Zweigen einer Trauerweide und wartete ab. Da! Da war er wieder, der schwarze
Schatten! Mit zwei Flaschen in der linken Hand turnte er über die Feuerleiter
zurück in die Küche. Die Frackspitzen flatterten dabei lustig im Wind.
Noch immer herrscht der „Herr über tausend Weine“ über
die sorgfältig ausgesuchten Tropfen. Von einem offensichtlich blinden Gastrotester
hat er in der Zwischenzeit sogar noch ein paar zusätzliche Punkte erhalten.
Womit nichts bewiesen sei.
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