Samstag, März 31, 2018

Frühstück inbegriffen

Aus dem Buch Hühnerbrust und Federkiel von Hanspeter Gsell, erschienen bei BoD. Auch als E-Book bei bod.ch / bod.de erhältlich.


Es gibt das Kunststück. Und es gibt das Frühstück. Manchmal haben sie etwas gemeinsam. Meistens jedoch nicht wirklich. Das durchschnittlich inbegriffene Hotelfrühstück ist eher der Beweis für das Kunststück, aus nichts noch weniger zu machen. Was mir hier zur angeblich schönsten Stunde des Tages vorgesetzt wird, ist meist ein klägliches Stück gastronomischer Biederkeit. Das einzige „Gold im Mund zur Morgenstund“ ist meist nur in Form von Zahngold anwesend.

Seit Jahr und Tag erhalte ich die gleichen Einheitsaufbackgipfel, das Hausbrot von gestern und ein Knäckebrot, welches das Knacken schon längst verlernt hat. Dazu die unsäglichen Portionen-Konfitüren – warum nur trifft es mich immer mit der Zwetschge? Der Honig eignet sich höchstens als Klebemittel – mit dieser Melasse lockt man nicht eine einzige Biene aus der Wabe. Die Käseauswahl besteht aus Scheibletten und Gerberkäsli neben einem unreifen Tilsiter. Sorgfältig aufgetürmte Berge von Cornflakes erheben sich, die Früchte sind zum fürchten und der Orangensaft ist ein rückverdünnter Schatten seiner selbst. Der Schinken kennt das Schwein nur vom Hörenriechen und auf das 135-Minuten-Ei würde sich nicht einmal mehr ein altes Suppenhuhn setzen. Das Kaffee-Kännchen leckt auch noch 200 Jahre nach dem Tag, als die Muselmanen vor den Toren Wiens standen. Aber vielleicht sind Kaffeekannen beseelt und ihre Leiber verweigern den Befehl. Deshalb wird wohl auch dieser neuartige Kaffee – der aus dem Konzentrat und mit der 8-Stunden-Schaumhaltegarantie – nur in der Tasse serviert. Die Kannen würden ihre Schnäbel krümmen vor Scham!

Eine Art magische Frühstücks-Zahl ist die Zehn. Zehn wie 10.00 Uhr. Um 10.00 Uhr wird die Kaffeeküche kalt und morgenmufflige Oberkellner mit dem Habitus eines Strafversetzten vollziehen den Räumungsbefehl. Ich will aber nicht vor 10.00 Uhr frühstücken! Ich träume lieber etwas länger vom paradiesischen Frühstücks-Buffet im Bayrischen Hof über den Dächern von München, vom verrückten Breakfast bei Brennan’s an der Rue Royale in New Orleans, dem Zmorge bei Haris im Pochtenfall und von Basil’s Brunch auf der Dachterrasse des Cobblestone Inn auf St. Vincent.

Aber eben: Eigentlich will ich überhaupt nicht mehr im Hotel frühstücken. Und schon gar nicht vor 10.00 Uhr. Und sicher nicht inbegriffen. Ich werde es zukünftig wie unsere südlichen Nachbarn halten: so rasch wie möglich
in die nächste Kaffeebar und zwei Ristretti schlürfen. Dazu ein Panino essen und die grosse, rosarote Zeitung lesen. Und mit den Ragazzi über Gott und die Welt plaudern. Und mich ausgesprochen wohl fühlen. Was für ein herrlicher Morgen!
Mehr Geschichten zum Schmunzeln im neuen Buch von Hanspeter Gsell
Immer wieder Fernweh - Logbuch eines Inselsammlers Verlag BoD

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