Sonntag, März 04, 2018

Rücktritt

Eine unbedeutende Zeitungsmeldung hat mich veranlasst, über Rücktritte nachzudenken. Wie wir wissen, gibt es angekündigte und angedrohte Rücktritte. Und selbstverständlich gibt es den freiwilligen, aber auch den unter Druck zurückgezogenen, den unfreiwilligen und den altersbedingten Rücktritt. Man kann Rücktritte erklären oder davon aus der Zeitung erfahren. Eine Mutation des Rücktritts ist die Rücktrittbremse. Sie wurde 1903 von Sachs erfunden und begleitete Heerscharen von Schweizer Armee-Radfahrern in üblen Stunden durch dunkle Nächte. Als Füsilier kam auch ich in den fragwürdigen Genuss harter Sättel und gierender Bremsen. Unvergessen bleibt der Ritt mit Vollpackung durch das Tägermoos im Lichte des Neumondes. Allerdings kam dank kontinuierlicher Bergfahrt ein Rücktritt nicht in Frage. Und mit der Abschaffung der Rad fahrenden Soldaten gehört sie, die Rücktrittbremse, zumindest militärpolitisch zur Geschichte.

Rücktrittbremser hingegen findet man in den Chefetagen grosser Unternehmen. So hat doch eben ein schwedisch-amerikanischer Generalmanager den Rücktritt neu erfunden. Es handelt sich um eine weitere Variante des grund- und schuldlosen Rücktritts, den so genannten „medien-bedingten Rücktritt“. Man tritt nicht zurück wegen eines „im besten Fall zu missbilligenden Vorfalls“ der, ganz „nebenbei“, als schwerer Verstoss gegen die Firmenethik gewertet wird. Nein. Natürlich nicht. Man tritt zurück, weil die Berichterstattung der Medien dem Image der Company schadet. Der Rücktritt als Kollateralschaden der Pressefreiheit? 

Auch der Direktor eines sehr grossen Gastronomieunternehmens wurde – wegen sexueller Belästigung von Mitarbeiterinnen – „medienbedingt zurückgetreten“.
 


 

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