Eine unbedeutende Zeitungsmeldung hat mich veranlasst, über
Rücktritte nachzudenken. Wie wir wissen, gibt es angekündigte und angedrohte
Rücktritte. Und selbstverständlich gibt es den freiwilligen, aber auch den
unter Druck zurückgezogenen, den unfreiwilligen und den altersbedingten
Rücktritt. Man kann Rücktritte erklären oder davon aus der Zeitung erfahren. Eine Mutation des Rücktritts ist die Rücktrittbremse. Sie
wurde 1903 von Sachs erfunden und begleitete Heerscharen von Schweizer Armee-Radfahrern in üblen Stunden
durch dunkle Nächte. Als Füsilier kam auch ich in den fragwürdigen Genuss
harter Sättel und gierender Bremsen. Unvergessen bleibt der Ritt mit
Vollpackung durch das Tägermoos im Lichte des Neumondes. Allerdings kam dank
kontinuierlicher Bergfahrt ein Rücktritt nicht in Frage. Und mit der
Abschaffung der Rad fahrenden Soldaten gehört sie, die Rücktrittbremse,
zumindest militärpolitisch zur Geschichte.
Rücktrittbremser hingegen findet man in den Chefetagen
grosser Unternehmen. So hat doch eben ein schwedisch-amerikanischer
Generalmanager den Rücktritt neu erfunden. Es handelt sich um eine weitere
Variante des grund- und schuldlosen Rücktritts, den so genannten „medien-bedingten
Rücktritt“. Man tritt nicht zurück wegen eines „im besten Fall zu
missbilligenden Vorfalls“ der, ganz „nebenbei“, als schwerer Verstoss gegen die
Firmenethik gewertet wird. Nein. Natürlich nicht. Man tritt zurück, weil die Berichterstattung
der Medien dem Image der Company schadet. Der Rücktritt als Kollateralschaden
der Pressefreiheit?
Auch der Direktor
eines sehr grossen Gastronomieunternehmens wurde – wegen sexueller Belästigung
von Mitarbeiterinnen – „medienbedingt zurückgetreten“.
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