Der Flug
«Über den Wolken, muss die Freiheit wohl grenzenlos sein»,
hatte ein gewisser Reinhard May gesungen. Samuel, der Pilot der Britten-Norman
BN-2 Islander, konnte sich mit diesem Text heute nicht anfreunden. «Dieser
Heini,» sinnierte er, «hatte wohl keine Ahnung von Tuten und Blasen. Und vom
Fliegen schon gar nicht. «Freiheit - ha!», murmelte er und suchte weiter.
Es mag wohl genau jetzt gewesen sein, als dem Piloten ein
Licht auf-, das Benzin jedoch ausging. Es würde weder für den Rückflug nach
Woolipik noch zum Weiterflug nach Yap reichen.
William, der Wellen-Magier, sass neben dem Captain und hatte
sich die Kopfhörer des Copiloten aufgesetzt, bemerkte wie Samuel an den Knöpfen
drehte. Er hörte ihm zu, wie er, leicht nervös, mit der Küstenwache Kontakt
aufnahm und dieser die Situation schilderte. Nach einer Weile hörte man die
krächzende Stimme eines Offiziers der Coast Guard, der Küstenwache, in Guam.
«Hold on!», meinte dieser. «Bleiben Sie dran!»
In der Zwischenzeit orientierte der Pilot die Passagiere
über die missliche Situation.
«Hier spricht ihr Kapitän. Auf unserm Flug von Woolipik nach
Wooligang mit Anschluss nach Yap, werden wir nun eine Zwischenlandung
vornehmen. Wie sie bemerkt haben, wird diese Landung nicht auf einer Insel,
sondern mitten im Pazifik stattfinden. Bitte schnallen sie sich an und stellen
sie das Rauchen ein. Ziehen sie sich schon mal eine Schwimmweste über. Blasen
sie diese jedoch in keinem Fall bereits im Flugzeug auf, sie würden nicht mehr
durch die Notausgänge passen. Ich wünsche ihnen weiterhin einen guten Flug.
Danke, dass sie mit PMA geflogen sind.»
Der Offizier der Küstenwache von Guam war nicht untätig
geblieben, hatte in seinen Unterlagen gekramt, und instruierte den Piloten nun
über das Verfahren einer Wasserlandung. Früher übte man solche
Wasserungen nicht. Man erachtete die Erfolgschancen solcher unvorhersehbaren Landungen
als «nicht existent». Die Flugsimulatoren für eine Britten-Norman BN-2
Islander hätten solche Manöver auch aus technischen Gründen gar nicht erlaubt.
«Beobachten sie die Richtung und die Höhe der Wellen. Setzen
sie den hinteren Teil der Maschine zuerst auf, anschliessend das Vorderteil. Fahren
sie das Fahrwerk nicht aus! Bei ruhiger See wird gegen den Wind gelandet. Bei
größerem Wellengang wird parallel zu den Wellen gelandet, möglichst auf einem
Wellenkamm.»
William, der angehende Wellen-Magier, lächelte anerkennend,
sprach seltsame Sätze und griff sich an das Tattoo am rechten Oberschenkel,
halbierte eine Betelnuss. Er erinnerte sich an seine erste Lektion als
Wellen-Magier und sah der Landung gelassen entgegen.
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