Verschollen im Pazifik (6)
Die Rettung
Gegen Mittag des nächsten Tages wurden sie von einem Schiff
der amerikanischen Navy aufgefischt. 36 Stunden auf offener See, über ihnen ein beinahe
wolkenloser Himmel, unter ihnen der Yap-Trench, ein Ausläufer des
Marianengrabens. Wobei es einem Schiffsbrüchigen vermutlich völlig egal ist, ob
der Meeresboden nun neun oder neuntausend Meter unter ihm liegt.
Das Schiff der amerikanischen Navy war unterwegs von seiner
Basis in Subic Bay (Philippinen) nach Saipan (Commonwealth of the Northern
Mariana Islands). Dessen Kapitän soll zwar etwas unwirsch reagiert haben, als
er den Befehl erhielt, unterwegs irgendwelche Boatpeople aufzulesen. Sein
entsprechender Eintrag im Logbuch begann mit den Worten: «Das Boot ist voll …»
Aber, Befehl war Befehl. Er liess den Kreuzer umdrehen,
befahl einen neuen Kurs und «volle Kraft voraus»! Und so kam es, dass am
dritten Tag ihrer Kreuzfahrt ein Priester, ein Missionar, ein
Regierungsbeamter, ein Soldat, ein Pilot und William das Schiff betraten. Als
man William den Quieker abnehmen wollte, «Schweine haben bei der Navy nichts zu
suchen!», wehrte er sich mordsmässig.
Nach Rücksprache mit dem Kommandanten des Schiffes einigte
man sich darauf, dass das Schwein zwar bei William bleiben durfte, jedoch
keinen Eintrag ins Passagierregister finden sollte. Wie hätte das auch
ausgesehen!
Man brachte den zusammengewürfelten Haufen auf die Insel
Yap, wo man die Vermissten mit grossen Augen, offenen Mündern und ebensolchen
Armen empfing. Der katholische Priester dankte Gott und Maria, der evangelische
Missionar Gott und Jesus. Der Beamte legte die Ärmelschoner an und machte sich
auf zur Berichterstattung beim Gouverneur. Der amerikanische Soldat stand
stramm, die von ihm entworfene Strassenkarte hatte er im Flugzeug zurücklassen
müssen.
William aber genehmigte sich erstmal ein kühles Bier und
machte sich anschliessend mit seinem fröhlich quiekenden Schwein, er nannte es
Coastguard, Küstenwache, auf nach Hause. Dort bekam es einen Ehrenplatz hinter
dem grossen Mahagoni-Baum. William hatte dem Schweinchen, sollte der Herrgott
eine sichere Rettung organisiert haben, ein Leben in Saus und Braus
versprochen. Coastguard wurde uralt und starb im hohen Schweine-Alter von 20
Jahren an einer Fettleber.
William schloss seine Ausbildung zum stattlichen
Wellen-Macher mit Erfolg ab, wurde später privater Meteorologe des Gouverneurs,
und lebt seit seiner Pensionierung wieder auf der Insel Woolipik.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.