William, der angehende Wellen-Magier, lächelte anerkennend,
sprach seltsame Sätze und griff sich an das Tattoo am rechten Oberschenkel und
halbierte eine Betelnuss. Er erinnerte sich ein seine erste Lektion als
Wellen-Magier und sah der Landung gelassen entgegen.
Wie William, der Wellen-Magier aus Woolipik, geahnt hatte,
funktionierte die Landung perfekt. Der Pilot warf die Liferafts, eigentlich
waren es eher knallgelbe Gummiboote, ins Meer. Die Passagiere, in vorderster
Front ein Missionar und ein Priester, stiegen einigermassen geordnet aus bzw.
ein. Ein erstes Suchflugzeug wurde gesichtet, es flog zu hoch, verschwand
wieder, ohne die Flugzeugbrüchigen entdeckt zu haben. Die Sonne senkte sich,
die Nacht brach herein.
Die Rettungsboote verfügten nicht nur über Wasser und Kekse, sondern auch über eine Notbeleuchtung. Die dazu benötigen Batterien erwiesen sich jedoch als nutzlos, sie müssen bereits vor Jahren ihren elektrischen Geist aufgegeben haben. Handys mit eingebauten Taschenlampen gab es 1981 noch keine. Eigentlich gab es noch überhaupt keine Handys. Was in diesem Fall jedoch völlig egal war, da weit und breit auch keine Sendemasten zu sehen waren.
William hatte die Wellen vorsorglich mit magischen Sätzen
beruhigt: Es war beinahe windstill, die Wellen liessen das Boot nur leicht in
der Dünung hin- und her schaukeln. Das monotone Plätschern wirkte einschläfernd.
Der Pfarrer betete, der Missionar sang, der Beamte ruhte sich aus, das Schwein
grunzte, der Soldat versuchte, sich an seinen Tagesbefehl zu erinnern, das
Flugzeug gurgelte und soff ab.
William sagte gar nichts, ass seine Portion Überlebenskekse
und nahm einen Schluck Wasser. Beim Wasser handelte es sich um eine
Spezialabfüllung für Dehydrierte, der leicht salzige Geschmack stiess William
auf. Das Wasser, so William, soll grauenhaft gewesen sein. Typisch: Da rettet
man Bootsflüchtlinge und schon werden Ansprüche gestellt! Sicher würden sie
auch noch Asylanträge stellen!
Die Sonne meldete sich mit einem neuen Tag zurück, es war
heiss. Gegen Mittag wurden die Überlebenden von einem Flugzeug der Coast Guard,
der amerikanischen Küstenwache, gesichtet. Die Männer warfen eine grosse,
aufblasbare Rettungsinsel ab. An Bord fand man Wasser, Kekse, ein Funkgerät und
Batterien. Mit dem Funkgerät nahm Samuel, der Bruchpilot, Kontakt zum Flieger
auf.
Er wurde orientiert, dass ein Schiff unterwegs sei, um sie
aus dem Meer zu pflücken. Bis zum Sonnenuntergang kreiste die Maschine der
Coast Guard über den Unglücklichen und vermittelte den Seebrüchigen ein
seltsames Gefühl der Sicherheit. Denn noch würde es dauern, bis sie definitiv
gerettet würden.
Eine weitere einsame Nacht stand ihnen bevor. Immerhin jetzt mit
Beleuchtung. William meinte später, sie hätten wie ein schaukelnder
Weihnachtsbaum ausgesehen. Doch die Nacht wurde lang, der Durst gross. In
regelmässigem Abstand sandte die Coast Guard beruhigende Worte, ein
christlicher Sender in Guam liess seine Zuhörer schon mal beten.
Gegen Mittag des nächsten Tages wurden sie von einem Schiff
der amerikanischen Navy aufgefischt.
36 Stunden auf offener See, über ihnen ein beinahe
wolkenloser Himmel, unter ihnen der Yap-Trench, ein Ausläufer des
Marianengrabens. Wobei es einem Schiffsbrüchigen in diesem Moment vermutlich
völlig egal war, ob der Meeresboden nun neun oder neuntausend Meter unter ihm
liegt.
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