Sonntag, April 28, 2019

Mikronesien: Kein Schwein interessiert es


Der grosse, römische Feldherr Lukullus, den guten Dingen des Lebens nicht abgeneigt, hätte sich wohl kaum im Ulithi-Atoll oder auf einer anderen Insel inmitten des Pazifik niedergelassen. Ausser Fisch und Meeresfrüchten, die es in Hülle und Fülle gibt, ist die Auswahl an Hauptgängen eher eingeschränkt. Als Beilagen isst man Brotfrucht, Süsskartoffeln und Reis, manchmal angereichert mit Taro und Wasserspinat aus dem Gemüsegarten. Hat nicht mal wieder ein Taifun die Bäume umgelegt, wird die Diät mit Kokosnüssen, Papayas und Bananen abgerundet.
Stehen grössere Festivitäten an, dazu gehören Hochzeiten und Beerdigungen, aber auch ein längerer Aufenthalt im Ausland, muss ein Schwein her. Inselschweine geniessen, gegenüber ihren eingepferchten Artgenossen auf dem Festland, ein beinahe glückliches Leben. Aber eben nur beinahe. Da sie die Wurzeln der Taro-Pflanzen genauso schätzen wie die Menschen, kommt man sich in die Quere. Wer schon einmal gesehen hat, wie ein Maisfeld nach dem Besuch einer Herde Wildschweine ausgesehen hat, der kann sich vorstellen, wie ein Tarofeld nach dem Besuch einer Familie Hausschweine aussieht: Alles umgegraben! Deshalb werden die Schweine auf den Inseln an Stricken zwischen Bäumen angebunden, ihr Auslauf ist begrenzt.
Nur die Jüngsten unter ihnen haben, solange sie noch säugen, freien Auslauf. Und genau so eine kleine Sau ist es, die sich an meiner Hängematte zu schaffen macht. In ihrem Gefolge sind noch acht weitere kleine Schweinchen; ein überaus herziger Anblick! Auch für Apollonia, unsere einheimische Freundin. Apollonia heisst übrigens nicht Apollonia, auch die Namen der meisten Inseln sind geändert. Die Menschen wollen ihre Namen nicht im Internet lesen.

Nun, Apollonia ist genauso entzückt vom Anblick des Säuleins wie wir und seufzt: „Wie gerne würde ich doch wieder einmal Schweinebraten essen!“ Meine Frau blickt mich an, ich blicke zurück und schon sind wir stolze Besitzer eines Schweins. Wir übergeben es feierlich Apollonia! Wie aber sollte sie das Schwein von der Insel Ik nach Falalop und von dort nach Yap transportieren?
«Kein Problem. Ich habe eine alte Bananenschachtel, da mach ich ein paar grosse Löcher rein. Somit hat das Schwein genug Luft. Nach Falalop fährt es in meinem Kanu mit, anschliessend reist es im Flugzeug nach Yap.»
Ob es nicht günstiger sei, das Tier mit der Fähre zu transportieren, frage ich sie.
«Nein, ich packe den kleinen Quicker in meine Handtasche. Auf diese Weise reist er als Handgepäck. Auf der Fähre hätte es mich zehn Dollar gekostet.»

Nein, diesen Schweinebraten würden Sie und ich nicht mögen. Die Tiere erhalten keine Resten aus den Küchen, diese isst man lieber selbst. Die Schweine werden mit Kopra, dem getrockneten und äusserst fetthaltigen Fleisch der Kokosnuss gefüttert. Das Fleisch bekommt dadurch einen unangenehm süsslichen Geschmack.

Wird ein Schein geschlachtet, interessiert das übrigens kein Schwein. Geschlachtet wird hinter der Hütte, ganz ohne Kantonstierarzt, Zuschauer, Kameras und veganen Gutmenschen.




Sonntag, April 21, 2019

Der Pazifik 2/3



Der Pazifik ist enorm, vielschichtig, vielseitig, und immer im Gegensatz. Es scheint keine Limiten zu geben. Oder eher: Für jeden Reisenden sind die Limiten unterschiedlich.
Für die einen ist der Pazifik nicht grösser als ein kleines Dorf, eine Sandbank, ein Riff. Für einige wenige, darunter Ozeanographen, kennt der Pazifik keine Grenzen.


 Ihr Pazifik liegt zwischen der Beringstrasse und den eisigen Klippen der Antarktis.
Meine nördlichen Grenzen – dort wo der Pazifik raucht – ist die Stelle wo der warme Pazifik endet, dort wo der klare Norden beginnt. Es ist ein Ort der stillen Schlachten. Vom Philippinengraben und vom Tonga-Graben im Südwesten, vom extrem salzhaltigen Wasser rund um den Äquator, fliessen unglaubliche Mengen von Wasser langsam in den Norden.
Die Wassermasse nimmt zu, wird schneller und vermischt sich im Kuroshio-Strom. Der Kuroshio-Strom ist an seiner mächtigsten Stelle grösser als einhundert Mississippis. Die Wasser sind nicht mehr blau, sondern schwarz. Sie fliessen mit einer konstanten Geschwindigkeit von fünf Kilometern pro Stunde nordwärts, um irgendwann auf die eisigkalten Wassermassen aus dem Norden zu treffen.
Eine lautlose Lawine, unvorstellbar gigantisch, unhaltbar, unzerstörbar.


Eine beinahe kosmische Schlacht beginnt, nicht zwischen Gut und Böse, aber zwischen Warm und Kalt
Vielleicht meint man die rollenden Bewegungen zu spüren, Widerstände zu fühlen, den Druck. Das einzig sichtbare Zeichen dieser Schlacht sind Säulen, Säulen aus kondensiertem Dampf.
Meist ist die Schlacht geräuschlos, nur manchmal wird die Stille vom Todeskampf der Fische unterbrochen. Wenn die riesigen Schwärme aus dem warmen Kuroshio-Strom auf das kalte, doch ungemein planktonreiche Wasser aus dem Norden treffen, hört die Jagd nicht mehr auf. Man hört das Schnappen, die Geräusche der Angreifer. Manchmal ist die Oberfläche übersät mit Fischleibern, mit Blut.

Donnerstag, April 18, 2019

Der Pazifik 3/3



Nur manchmal gewinnt der Kuroshio die Schlacht.
Und dann kommt es, dass auf einer Aleuten-Insel im eisigen Norden eine Kokosnuss landet, ein Eskimo findet ein polynesisches Kanu – und sieht das erste Mal in seinem Leben Holz.


Langsam aber endet der Kuroshio, er windet und dreht sich über den arktischen Bogen, strömt entlang der amerikanischen Pazifikküste, bring Seattle Regen, San Francisco Nebel. Und wieder dreht er und fliesst über sechzehntausend Kilometer zurück zu den Philippinischen Tiefen.
Die südlichen Grenzen meines Pazifiks sind weit weg. Durch unendliche Wasserwüsten südwärts erreiche ich eine kleine angelsächsische Oase, hübsch, aufgeräumt, ordentlich.
Für mich liegt die südliche Grenze des Pazifiks in Tasmanien. Englisches Landleben, Cottages, grosse rote Äpfel an sorgfältig gepflegten Bäumen, Pubs. Untypisch im Vergleich. Kontrolliert, zivilisiert, aufstrebend und erfolgreich.
Hier beginnt das Ende.

Südlich von Tasmanien beginnen die Antarktischen Albträume. Ununterbrochen blasen gewaltige Zyklone, peitschen das Wasser, martern Eisberge, Seeleoparden, Pinguine.

Was bleibt ist Eis.

Wind. Leere.

Nichts.
                                               
Es ist nicht mehr mein Pazifik.
(Auch wenn die Pinguine noch so schön hüpfen!)






Der Pazifik 1/3



Kuroshio
Nicht mein Pazifik – The far limits

Aus dem Buch ‘The Blue of Capricorn’ von Eugene Burdick.
Erschienen bei Mutual Publishing, Honolulu, Hawaii
unter dem Originaltitel ‘Tales of the Pacific’.

Es gibt eine Stelle im Pazifik wo kalter Rauch aufsteigt. Manchmal sind es nur Andeutungen, klein und scharf wie Rasiermesser.
Manchmal aber sind es wabernde Wände aus Dampf, grau, dicht, undurchdringbar, geheimnisvoll. Die Temperaturen fallen innerhalb Minuten um zwanzig Grad Celsius. Wir befinden uns an der nördlichen Grenze des Pazifiks, bei 46 Grad nördlicher Breite.
Natürlich ist man auch bei 47 Grad immer noch im Pazifik. Und trotzdem ist der Ozean anders. Nördlich von uns liegen die eisigen und nebelverhüllten Aleuten, Tundra, Eis, Eskimos, Robben, Nordlichter und irgendwo, verlassen, ein Dom aus Stahl, das Skelett einer riesigen Radaranlage.
Die Welt ist fremdartig hier, der Pazifik hat seine Persönlichkeit gewechselt, ein anderes Abenteuer beginnt. Es ist nicht mein Pazifik.


Bild: Stuttgarter-Nachrichten.de

 ....weiter in Text und Bild geht's morgen oder übermorgen ...

Mittwoch, April 17, 2019

Tahiti

Ia Orana!

«Ia Orana», sagte das Mädchen, als es mir den tropischen Drink servierte – «Ich wünsche Dir einen schönen Tag».
Eine kleine Eidechse floh und verschwand blitzschnell in einer Spalte der Steinmauer. Vor mir nicht viel mehr als Meer, aber was für eines! Das unendliche Blau des Pazifiks, gespickt mit kleinen weissen Schaumkronen, verschmilzt am Horizont mit dem Himmel.
Ich sitze im Schatten einer Palme, links im Hintergrund sind die Umrisse der Insel Moorea zu sehen.
Rechts breitet sich der tiefschwarze Sandstrand aus, er endet in einer kleinen Bucht, geht über in das Grün der tropischen Vegetation, wird eingerahmt von den Luftwurzeln der Mangroven.
Wellen rollen heimtückisch und langgezogen gegen die Küste um dort ihre lange Reise zu beenden. Manche rollen sanft an den Strand, andere brechen sich unter Kanonendonner, wieder andere hauchen fauchend und grimmig grollend ihr Leben aus. Woher sie wohl kommen? Sie verraten ihre Geheimnisse nur selten.
Nur wenn sich im Treibgut der Teil eines Kanus aus Kamtschatka finden lässt, eine Planke mit japanischen Schriftzeichen anlandet, wenn sich eine kleine Gummiente mit dem Aufdruck Made in Italy im Tang verfängt, nur dann lässt sich erahnen, welche lange Reise hinter den Wellen liegen.
Der amerikanische Politologe und Autor Eugene Burdick (The ninth Wave, The ugly American) hat 1961 sein Buch The Blue of Capricorn veröffentlich (Verlag Houghton & Mifflin Co.).
Ich habe dieses Buch vor einigen Jahren in einer Bar auf der Insel Yap in Mikronesien gefunden. Möglicherweise hat es auch mich gefunden.
Denn noch nie zuvor hatte ich solche wunderbaren Beschreibungen des Pazifiks gelesen. Es sind praktisch meine ureigenen Eindrücke die ich hier wieder finde. Da hat doch tatsächlich ein Theoretiker, zudem einer aus der Zunft der Politiker, eine perfekte Anthologie des grössten Ozeans der Erde geschrieben!
Wenn ich nun morgen zur letzten Etappe meiner Reise zu Gauguin aufbreche werde ich weder Bougainvilles romantisch angehauchten Reisebericht noch die Schiffstagebücher von James Cook dabeihaben. Auch die Romane von Jack London und Herman Melville blieben zu Hause im Büchergestell. Neben Blue of Capricorn haben es nur noch Georg Forsters 1777 erschienene Reisebeschreibung A Voyage Round The World ins Schiffsgepäck geschafft sowie die Geschichtensammlung Verrücktes Paradies von Alex W. duPrel.
«Darf ich Dir noch einen Cocktail bringen?», hörte ich die charmante Polynesierin fragen.
«Ja, sehr gerne», antwortete ich und schloss den Deckel meines Laptops.
«Ia Orana!»



Dienstag, April 16, 2019

Raivavae




Herzlicher Empfang in Raivavae

Neben Missionaren und Walfängern sorgte eine dritte Gruppe für Aufsehen im Pazifik: die Blackbirder. Sklavenhändler der übelsten Sorte. Sie waren unterwegs, um Menschenmaterial für chilenische und peruanische Minen einzusammeln. Die Masche war immer die Gleiche: Man lud die männliche, arbeitsfähige Bevölkerung zu einem Umtrunk auf das Schiff ein. Waren alle besoffen, fesselte man sie, warf sie ins unterste Deck und lichtete den Anker.
Als 1862 ein seltsames Schiff vor Raivavae auftauchte, zog sich die Bevölkerung vorsichtshalber in die Hügel zurück, die Blackbirder mussten unverrichteter Dinge abziehen. Die Insulaner aber beschlossen, Schiff und Mannschaft zu kapern. Eine Gruppe von Kriegern schlich sich an Bord und schloss den Kapitän in seiner Kammer ein. Die Mannschaft ergab sich ohne Widerstand.

Auch Abenteurer auf der Suche nach Sandelholz fielen über die Insel her. Das aus dem Holz gewonnene ätherische Sandelholzöl wirkt krampflösend, antibakteriell und antiviral gegen Herpesviren. Aus dem rötlichen Kernholz gewonnenes ätherisches Öl spielt eine wichtige Rolle in der Parfumindustrie. Das Holz wird fein zerkleinert, bevor aus ihm mithilfe von Wasserdampfdestillation das ätherische Öl gewonnen wird.
Der lächelnde Tiki
Das dabei zusätzlich entstehende Sandelholzwasser macht die männliche Duftnote in vielen Parfums aus (Dr. Hauschka, Pflanzenlektion). Raivavae gehört zu den wenigen polynesischen Inseln auf denen Tikis, teils monumentale Steinstatuen, errichtet wurden. Einen davon fanden wir in der Nähe des Dorfes Mahanatoa. Etwas versteckt hinter einem Hühnerhof, thront der «Götterknabe» neben einem Marae, einem alten Kultplatz. Es wird erzählt, dass es sich um den einzigen erhaltenen lächelnden Tiki handelt. Alle andern wurden von Missionaren zerhackt oder von Forschungsreisenden in Museen versteckt.

Sandelholzbäume gibt es kaum mehr zu sehen, dafür umso mehr Blumen. Die ganze Bevölkerung begrüsst uns auf dem Dorfplatz. Man hat sich herausgeputzt, die Damen tragen üppigen Blumenschmuck, sogar ein alter Pickup wurde damit bekränzt. Ein gewaltiges Buffet wurde aufgebaut, lokale Speisen werden zur Degustation angeboten. Nicht alles scheint verwestlichten Mägen zuträglich zu sein. Trotzdem muss man einfach zugreifen! Auch wenn man anschliessend feststellen sollte, dass eine Bratwurst besser schmeckt als die mit Krevetten gefüllten Hühnerbeine: Probieren geht über Studieren.



Sonntag, April 14, 2019

Fernweh Thrombosen

Exakt zur Ferienzeit erscheinen Hinweise, dass auf Langstreckenflügen das Risiko eines Blutgerinnsels (Thrombose) steige. Dagegen soll das Tragen von Kompressionsstrümpfen, viel Flüssigkeit sowie genügend Bewegung helfen. Auch die Einnahme von Aspirin (Acetylsalicylsäure) wird propagiert. Kaderli verpasst sich vor Flügen sogar eine Thrombose-Spritze! Fragen Sie folglich besser Ihren Hausarzt und entscheiden Sie anschliessend selbst. Erwiesen ist folgendes:

→Thrombose-Spritzen können Blutungen auslösen.

→Acetylsalicylsäure verursacht Nebenwirkungen im Magen-Darm-Trakt.

→Viel trinken: Es gibt keine Beweise, dass viel Flüssigkeit das Risiko minimiert.

→Spazieren: Die Chance, bei einem Spaziergang an die Decke geschleudert zu werden, ist um ein Mehrfaches grösser, als durch eine Thrombose dahinzuscheiden. Füsse und Beine lassen sich auch angeschnallt bewegen. Entsprechende Übungen findet man im Internet.

→Strümpfe: Sollen auch nicht wirklich helfen. Doch wie Grossvater schon sagte: Was nicht hilft, schadet auch nichts. Bitte unbedingt die Strümpfe ausziehen, bevor Sie an den Strand gehen! Der Anblick bestrumpfter Männerbeine kann Minderjährige zu Tode erschrecken.



Rapa Iti



Zum Einstieg: Hier noch ein Bild des kleinen "Mongolen" mit seinem stilprägendem Hut.


 Die Austral-Inseln bilden den südlichsten Archipel Französisch-Polynesiens. Sie gliedern sich in zwei Gruppen: Die Tubuai-Inseln im Nordwesten und die Bass-Inseln mit Rapa im Südosten. Die Insel Rapa, auch Rapa Iti, kleines Rapa, genannt, hat nichts mit Rapa Nui, den Osterinseln, zu tun.

Um es gleich vorwegzunehmen: Die Bewohner der Insel Rapa, die Rapas, hatten den Krieg im Blut. Nach anfänglicher Besiedlung küstennaher Höhlen und Felsüberhänge entwickelte sich schnell eine ausgeprägte Stammesgesellschaft. Die Siedlungsstruktur spiegelte die Gesellschaftsordnung wider. Es gab streng voneinander getrennte Wohnhäuser für die Aristokratie, die Priester, den Mittelstand (Handwerker, Künstler) und die Krieger,

Wegen zunehmender Stammeskriege wurden die Strandsiedlungen aufgegeben, die Bewohner zogen sich auf stark befestigte «Wehrdörfer» ins Landesinnere zurück. Die Ruinen solcher
Siedlungen sind auch heute noch zu sehen. Sie sehen aus wie terrassierte Burgen: Im obersten Turm sass wohl der Häuptling, eine Terrasse darunter kamen die Siedlungen des Adels, noch eine Terrasse darunter der Pöbel. Die Terrassen waren untereinander nur durch Strickleitern verbunden. Auf der untersten Terrasse aber hielten die Krieger Ausschau nach den Feinden, meistens waren es die Dörfler von nebenan auf der Suche nach Essbarem. Der Aufstieg zur «Burg» war nur unter mühsamsten Bedingungen möglich und führte über schmale Grate. Näherte sich wieder einmal ein Feind, konnte man ihn problemlos mit Steinen vom Weg abbringen. Solche Kriege, aber auch der Raubbau an den natürlichen Ressourcen, haben die Bevölkerung dramatisch reduziert.

Ein Mitreisender zog einen Vergleich zwischen den Rapas und den Appenzellern und kreierte gleich ein neues Wort: Die Rappazeller.

Kriege führt man keine mehr auf Rapa. Touristen, es sind nur wenige pro Jahr die den langen Weg nicht scheuen, sind herzlich willkommen. Dann aber wird getrommelt und getanzt als gäbe es kein Morgen.

Und auch dies noch: Es wird eifrig Sport betrieben. Im Futsal, einer Art Hallenfussball ohne Halle, qualifizierte man sich im Jahre 2008 für die Weltmeisterschaften in Fiji. Eine Gruppe junger Fussballer stieg in Rapa zu und dampfte mit uns weiter nach Papeete. Ihre Gesänge werden uns noch lange begleiten. In Tahiti findet zur Zeit ein Turnier statt. Erste Resultate sehen Rapa ganz vorne: Raraka – Rapa 0 : 17.

Quellen: www.dieterwunderlich.de/ und Museum Rapa.

Freitag, April 12, 2019

Tubuai

Noch einmal werden wir auf unserer Reise durch Französisch-Polynesien mit der Geschichte der Bounty-Meuterern konfrontiert.
Auf dem Weg nach Rapa, gelegen im Austral-Archipel, sehen wir aus der Ferne die Tubuai-Inseln. James Cook entdeckte sie 1777 während seiner dritten Reise, betrat die Insel aber auch dieses Mal nicht. Sein Bericht war jedoch Fletcher Christian, dem Anführer der Bounty-Meuterer durchaus bekannt.

Die Meuterer waren nämlich, nach einer kurzzeitigen Rückkehr nach Tahiti, nicht auf direktem Weg nach Pitcairn gesegelt, sondern hatten die Insel Tubuai als mögliches Versteck ausgemacht. In
Tahiti aber zog man die Einheimischen über den Tisch und tat so, als ob man den Auftrag bekommen hätte, auf Tubuai eine Kolonie zu gründen. Dafür ließen sie sich ausrüsten und mit Proviant versehen, bevor sie mit einigen Frauen aus Tahiti wieder in See stachen.

Nachdem sie die Bounty auf einen Strand der Insel Tubuai gezogen hatten, wollten sie ein Fort bauen, aber sie gerieten sowohl untereinander als auch mit den Inselbewohnern in Konflikte. Bei den Auseinandersetzungen kamen zwei der Meuterer und vierundsechzig Polynesier ums Leben.

Am 22. September 1789 trafen die Meuterer wieder mit der Bounty
auf Tahiti ein. Während Fletcher Christian mit acht Kameraden und einigen männlichen und weiblichen Südseebewohnern weiterfuhr, zogen es die anderen Europäer vor, auf Tahiti zu bleiben.
Fletcher Christian steuerte zunächst die Fidschi-Inseln an, bevor er sich wieder nach Osten wandte. Mit acht anderen Meuterern, zwei Männern aus Tubuai sowie vier männlichen und zwölf weiblichen Personen aus Tahiti erreichte er am 15. Januar 1790 die Südseeinsel Pitcairn, die bis dahin noch kein Europäer betreten hatte. Dort, so hofften die Meuterer, würden die britischen Soldaten, die nach ihnen suchten, sie nicht aufspüren.


Mittwoch, April 10, 2019

Aukena


Aukena

Auf der Rückfahrt von Pitcairn sind wir heute in Aukena, auf den Gambier-Inseln angekommen. Dieses kleine Eiland, es ist gerade mal 3,2 km lang und 1,1 km breit, liegt in Sichtweite von Mangareva, dem Tummelfeld des Kirchenbauers, Missionars und Psychopathen Père Laval. Über dessen «Wirken» habe ich bereits berichtet.

Die Insel Aukena ist mehr oder weniger im Privatbesitz eines gewissen Robert Wan. Der Name Wan, ein in China nicht ganz unbekannter Familienname, lässt Böses ahnen. Wie kommt ein Chinese dazu, eine ganze Insel in Polynesien zu besitzen? Zeigen die chinesischen Hegemoniebestrebungen im Pazifik bereits Früchte? Nein, die Geschichtsschreibung ist eine andere.



Der Vater von Robert Wan war 1904 aus China geflohen. Dort tobten seit Jahren Kriege, Revolutionen fegten über das Land. In Tahiti fand die Familie Frieden und Zuflucht. Robert stieg bereits im Alter von 19 Jahren ins Geschäftsleben ein, das Handeln lag ihm im Blut. Auch der Handel mit Perlen, mit schwarzen Perlen. Noch waren es Naturperlen, Perlen, die ohne jeglichen menschlichen Eingriff wuchsen. Natürlich wusste der junge Wan, dass in Japan erfolgreich Perlen gezüchtet wurden.

1974 kam es zu einer schicksalshafte Begegnung. Robert reiste durch Japan und begegnete dort Professor Sato. Sato, Schüler des berühmten Kokichi Mikimoto, führte ihn in die Geheimnisse der Perlenzucht ein. Nach Wan’s Rückkehr nach Tahiti, begann er erfolgreich mit der Zucht schwarzer Perlen, bald liess er eigene Schmuckkollektionen entwerfen und vermarktete sie weltweit.


Die Insel Aukena ist vor allem für ihre ausgezeichneten Sandstrände und die Perlenzucht bekannt. Das unverschmutzte Wasser sowie das Planktonvorkommen ermöglichen es, hier weiße und schwarze Perlen zu züchten. Und genau deshalb hat Robert Wan die ganze Insel übernommen.
Eigentlich ist es Aussenstehenden untersagt, das Eiland zu betreten. Nur dank den guten Beziehungen der Reedereifamilie zu Robert Wan, war es uns möglich, die von der Öffentlichkeit abgeschirmte Insel zu besuchen.


Samstag, April 06, 2019

Die Reise geht weiter

Sie werden es gemerkt haben: Die Reise ist noch nicht zu Ende, nur meine Schreibwut hat etwas nachgelassen. In lockerer Reihenfolge werde ich Ihnen hier noch eine ganze Menge Geschichten erzählen. Über unseren Besuch auf den Inseln Aukena, Rapa und Raivavae. Geschichten von Perlenfischern, Berglern und einer weiteren Begegnung mit den Meuterern der Bounty. Zuerst aber Werbung in eigener Sache:
 
 



Am 27. April steigt in Weinfelden, der Residenz der Apfelkönigin, die einzig echte Bounty-Party der Welt. Man feiert den Jahrestag der Gründung des Vereins, des Museums, der neuen Bounty-Bar .. und sich selbst. Wer dabei sein will beim Piratenfrass, sollte sich dringend anmelden bei ...

hmsbounty@bluewin.ch

Weitere Infos rund um diesen aussergewöhnlichen Club, zur Bounty und zu Pitcairn finden Sie hier:

www.bountyclub.ch

Selbstverständlich wird auch der Autor dieses Blogs dabei sein.


Montag, April 01, 2019

Mangareva (2)

MS Aranui
Mangareva (II)

Auch auf Mangareva funktionierte der alte Missionstrick gut:

Kaum hatten Laval’s christliche Geiselschwinger 1834 den Boden betreten, lag die halbe Einwohnerschaft todkrank in ihren Betten und starb buchstäblich wie die Fliegen. Die Ureinwohner hatten sich planmässig mit allerhand Infektionskrankheiten angesteckt. Der kurzfristige Schwund war einkalkuliert.

«Seht her, wir Christen sind nicht krank. Unser Gott hat uns mit Hilfe seines Personals vor den Krankheiten geschützt. Also alle daher: Ihr werdet getauft und schon bald werdet ihr geheilt sein.»

Laval beliess es nicht beim Taufen. Seine Herrgott AG, aus steuerlichen Gründen würde er später eine Holdinggesellschaft in der Schweiz gründen, stampfte ein Filialunternehmen nach dem anderen aus dem fruchtbaren Boden. Er liess Baumwolle anbauen und verarbeiten, gründete eine Firma für die Perlen- und Perlmuttfischerei; eine andere war für Plantagen und Nutzgärten zuständig. Am erfolgreichsten aber wurde die «Christliche Tief- und Hochbau GmbH». Sie war nämlich für den Bau der Kirchen zuständig. Für Laval war keine Insel zu klein: jede  Sandbank bekam auch eine Kirche hingebaut.

Auf Mangareva, in Rikitea (400 Einwohner) liess er eine Kathedrale für 1'500 Menschen errichten. Sie erinnert ein wenig an die «Notre-Dame de Paris». Der Altar ist mit ausgesucht schönen, schwarzen Perlmuttschalen hinterlegt. Eine sagenhaft grosse Perle liegt auf dem Altar. Die Kathedrale steht immer noch, die Perle aber ist verschwunden. Wo aber liegt sie heute? Genau! In den geheimen Kammern des Vatikans.

Die zum Bau benötigten Arbeiter wurden von anderen Inseln «importiert». Man entvölkerte die Gambier-Inseln richtiggehend, es kam dort zu Hungersnöten, da die tägliche Nahrungsbeschaffung vernachlässigt wurde. Die Zahl der Bevölkerung ging massiv zurück.

Natürlich war das Treiben des Herrn Laval längst auch seinem vorgesetzten Bischof zu Ohren gekommen. Der machte das, was Bischöfe auch heute noch tun: Schweigen und beten. Erst 1871 wurde Laval abgesetzt.

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Mangareva (1)

MS Aranui
Mangareva (I)

Wir sind auf der Fahrt von Pitcairn zu den Austral-Inseln, während zwei Nächten und einem Tag sehen wir nichts als Meer. Leider ausnahmsweise kein neues Blau, sondern viele Grautöne.

Die Wellen erreichen eine Höhe von drei Metern, keine Ahnung, ob das viel ist. Das Schiff aber scheint ganz gut im Wasser zu liegen. Die fehlende Zuladung führt allerdings dazu, dass der Dampfer etwas hoch im Wasser liegt. Wir werden in den Schlaf geschaukelt und sinnieren darüber, ob man sich als Baby in der Wiege auch so gefühlt hat. Wir werden es nie wissen!

In der Ferne strahlen das Mururoa-Atoll und Fangataufa um die Wette. Noch heute sind diese ehemaligen Atombomben-Testgebiete absolute Sperrzonen. Selbstverständlich geht von den nuklearen Abfällen keine Gefahr mehr aus, es war überhaupt nie gefährlich. Die Häufung von Krebserkrankungen?

«Fake-News! Sonst noch Fragen?»

Gerne hätte ich gefragt, weshalb unser Zimmermädchen – ihre Tante soll aus Fangataufa stammen – nachts grün leuchtet. Ich frage nicht. Auch nicht, weshalb es auf Mangareva einen bunkerähnlichen Unterstand gibt. Wo doch alles so ungefährlich ist.

Rikitea, der Hauptort der Insel Mangareva, ist ein wahres Kleinod. Die Gambiers sind, im Gegensatz zu den Tuamotus, «high islands», hohe Inseln. Hohe Berge überragen blaue Lagunen, ein tropischer Garten Eden legt sich um die Insel, drängt die Berghänge hinauf. Rikitea aber hat, wie so viele anderen Inseln in dieser Weltgegend, auch eine eher traurige Vergangenheit

Rikitea war im 19. Jahrhundert die Zentrale der Geldvermehrungs-Maschinerie eines gewissen Herrn Honoré Laval. Dieser war Mitglied des Ordens «Pères et religieuses des Sacrés-Coeurs de Picpus». Keine andere Geschichte zeigt das erbarmungslose Vorgehen der «christlichen» Missionare besser auf.

Laval, ich weigere mich, ihn als «Vater» zu bezeichnen, war ein gnadenloser Unternehmer. Den Auftrag, die vermeintlich armen Seelen zu bekehren, erfüllte er ohne jeglichen Skrupel.

Wie das ging, erfahren Sie in der nächsten Blogpost.