Vor 230 Jahren kam es auf
der HMVA Bounty zu einer verhängnisvollen Meuterei. Diese Reportage berichtet
von unserer Reise zu den Nachfahren der Meuterer, die heute noch auf der Insel
Pitcairn im Pazifik leben. Die Reise fand im Frühjahr 2019 statt.
Harald macht blau
Die Ankunft am Flughafen von Papeete war so grossartig wie bereits vor
vielen Jahren: Man wird mit Musik empfangen! Natürlich nicht mit Scheiss-Rap,
sondern mit Ukulele, Gitarre und polynesischen Liedern. Drei echte Polynesier
stehen auf einer kleinen Bühne, singen Lieder aus Tahiti, lächeln und wünschen
den Ankommenden einen schönen Aufenthalt! Da auf dem Flughafen Faa nur alle
paar Stunden ein internationaler Flug ankommt, legt man sich, nach dem Einsatz
auf der Bühne, wieder hin und schläft ein.
Können Sie sich vorstellen, dass Sie in Zürich
mitten in der Nacht von einer Trachtentanzgruppe erwartet werden? Wohl eher
nicht!
Durch die Zeitverschiebungen ist mein Rhythmus etwas
durcheinandergeraten, die aufgehende Sonne lädt zu einem kleinen Bummel ein.
Auf der Suche nach einem bereits geöffneten Café spaziere ich durch die
erwachende Stadt. Noch sind die Trottoirs hochgeklappt, die Läden verrammelt.
Am Hafen legt die erste Fähre ab, ein luxuriöser Viermaster wartet auf
Kreuzfahrtgäste. Der Weg entlang der Docks ist sauber gepflegt, Schüler schlendern durch die Parks. Der kleine Kiosk an der Rue Pomare hat
geöffnet: Café au lait, Viennoiserie, Croissants, Baguettes. Dazu eine Gitane
bleu. Bonjour Papeete!
Die folgende Schilderung der Ankunft in Tahiti
stammt aus dem Buch Omu von Hermann Melville, dem Schöpfer des
gefrässigen Moby Dick:
«Früh am folgenden Morgen sahen wir die Berggipfel von Tahiti; bei
klarem Wetter sind sie auf eine Entfernung von neunzig Meilen sichtbar.
Tahiti ist mit Sicherheit die berühmteste Insel der
Südsee. Zwei hochragende Gebirge mit gerundeten Gipfeln, die sich bis beinahe
2’800 Meter über den Meeresspiegel erheben, sind durch eine niedrige Landenge
verbunden; die ganze Insel hat etwa hundert Meilen im Umfang. Von den hohen
Mittelgipfeln der größeren Halbinsel ziehen strahlenförmig die grünen Bergkämme
zum Meer hinab; dazwischen liegen breite schattige Täler, dicht bewaldet und
von herrlichen Flüssen bewässert. Ungleich vielen anderen Inseln ist Tahiti von
einem Gürtel niedrigen angeschwemmten Landes umgeben, auf dem der reichste
Pflanzenwuchs gedeiht.
Der Anblick vom Meer aus ist prachtvoll: Eine Masse
vielfach abgetönten Grüns vom Strand bis zu den Bergeshöhen, durch Täler,
Kämme, Schluchten und Wasserfälle belebt die Sinne. Da und dort werfen die
höheren Gipfel ihren Schatten über die Kämme und tief in die Täler hinein.
In der Ferne blitzen die Wasserfälle in der Sonne
und scheinen durch hohe grüne Lauben zu stürzen. Wie eine eben erst geschaffene
Zauberwelt liegt das Ganze vor uns. Und das Bild verliert durch die Nähe nicht.
Der Europäer, der zum ersten Mal in die einsamen
Täler hineinwandert, glaubt zu träumen, so unaussprechlich ist die Ruhe und
Schönheit der Landschaft, die ihn umgibt.»
«Oft», schrieb Bougainville, «glaubte ich im
Paradies zu wandeln.»
(wird fortgesetzt)
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