Aus dem Buch
Hühnerbrust und Federkiel
Seitenhiebe auf die Gastfreundschaft
von Hanspeter Gsell, erschienen bei BoD
Als Morgenmuffel und Tiefschläfer benötige ich auf Reisen
immer mehrere Wecker. Leider vergesse ich sie jedoch mit grösster
Regelmässigkeit zu Hause, oder aber sie geben aus unendlich vielen Gründen
ihren zeitigen Geist auf. Damit ich trotzdem zur richtigen Zeit am vielleicht
richtigen Ort eintreffe, bin ich auf die Mithilfe von netten Hotelmitarbeitern
und anderen sprechenden Uhren angewiesen.
Noch gibt es einige Hotels, die diesen Service persönlich
nehmen, um mich dann pünktlich zu wecken. Andere haben ihren Weckdienst direkt
an die Putzequipen delegiert. Exakt zur gewünschten Zeit werden diese, gleichzeitig vor sämtlichen Zimmern, die Motoren ihrer
Staubsauger starten.
In den meisten Fällen werde ich mir jedoch weiterhin die
abendliche Langeweile damit vertreiben, ausführlich vorsintflutliche
Weckmaschinen zu programmieren oder die Anleitungen des vollautomatisierten
Wecktelefons auswendig zu lernen. Und wichtige Termine werde ich weiterhin
verpassen, da ich die Aufwachautomatik wieder mit der Einschlaftaste, das a.m.
mit dem p.m. und den Timer mit der Uhrzeit verwechsle.
Wie schön ist es doch, zu Hause aufzuwachen! Über meinem
Schlafzimmerfenster ist wieder die Spatzenfamilie vom Vorjahr eingezogen. Mit
grösster Selbstverständlichkeit imitiert deren Familienoberhaupt das Schrillen
meines Weckers. Ich nenne ihn deshalb Konstantin, den Wecker. Zurzeit bringe
ich dem Vogel die Uhrzeit bei, da er immer nur im Morgengrauen schrillt.