Mittwoch, Mai 30, 2018

Wecker Konstantin




Aus dem Buch
Hühnerbrust und Federkiel
Seitenhiebe auf die Gastfreundschaft
von Hanspeter Gsell, erschienen bei BoD




Als Morgenmuffel und Tiefschläfer benötige ich auf Reisen immer mehrere Wecker. Leider vergesse ich sie jedoch mit grösster Regelmässigkeit zu Hause, oder aber sie geben aus unendlich vielen Gründen ihren zeitigen Geist auf. Damit ich trotzdem zur richtigen Zeit am vielleicht richtigen Ort eintreffe, bin ich auf die Mithilfe von netten Hotelmitarbeitern und anderen sprechenden Uhren angewiesen.


Noch gibt es einige Hotels, die diesen Service persönlich nehmen, um mich dann pünktlich zu wecken. Andere haben ihren Weckdienst direkt an die Putzequipen delegiert. Exakt zur gewünschten Zeit werden diese, gleichzeitig vor sämtlichen Zimmern, die Motoren ihrer Staubsauger starten. 

In den meisten Fällen werde ich mir jedoch weiterhin die abendliche Langeweile damit vertreiben, ausführlich vorsintflutliche Weckmaschinen zu programmieren oder die Anleitungen des vollautomatisierten Wecktelefons auswendig zu lernen. Und wichtige Termine werde ich weiterhin verpassen, da ich die Aufwachautomatik wieder mit der Einschlaftaste, das a.m. mit dem p.m. und den Timer mit der Uhrzeit verwechsle.

Wie schön ist es doch, zu Hause aufzuwachen! Über meinem Schlafzimmerfenster ist wieder die Spatzenfamilie vom Vorjahr eingezogen. Mit grösster Selbstverständlichkeit imitiert deren Familienoberhaupt das Schrillen meines Weckers. Ich nenne ihn deshalb Konstantin, den Wecker. Zurzeit bringe ich dem Vogel die Uhrzeit bei, da er immer nur im Morgengrauen schrillt.




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