Mittwoch, Mai 02, 2018

Fju-schän



Vom Autor des Reiseverführers
IMMER WIEDER FERNWEH - Logbuch eines Inselsammlers
Hanspeter Gsell

Fju-schän

Als Wahlbasler sind mir natürlich Fusionen wirklich nicht fremd. Auch mein Freund Kari Koch fusioniert zurzeit. Nein, weder mit dem Sternen vis-à-vis noch mit seiner Darlehensbrauerei. Zusammen mit seinem Koch aus Indien, der Putzhilfe aus Brasilien und dem bosnischen Kellner hat er die Küche neu erfunden. Nein – nicht einfach eine weitere „Cross-over-Cuisine“ sondern ein wahrhaftiges „Cook-over“ mit eurasischen Wurzeln und südamerikanischen Einflüssen, fusioniert mit der helvetischen Rösti, dem einheimischen Albeli und der traditionellen Plätzliküche.

Ein kulinarisches Feuerwerk aus New Cuisine, Tante Martas Eintopf und dem Rest der Welt. Samba tanzende Blutwürste, Wodka-Maggronen und Kokosnuss-Rösti mit Birkenblütensauce verführen zur Völlerei. Papageien-fischfilets auf ihren weichen Betten aus Suurchabis, koreanische Pudelbäggli mit Rheintaler Ribel, Hackbraten souffliert von indischen Grazien und dahin gestreckt auf Palmwedel-Gemüse mit Munggenfett. Das Kalbshirni auf einem Mangobettlein mit Grünkerz-Haferfett aus Turkmenistan und einem Yak-Schnitzeli mit Boskop-Muus und „Osso mit Bucco voll“.

Auch Karis New-World-Coffee-Shop-Outlet ist wahnsinnig im Trend. Das Mucheli heisst jetzt neu „Schuumstöffli“ und aus dem Kaffi fertig wird ein Mountain-Chicken-Flavor-Happy-Hippo-Drink. Die Schale Gold wird mit dem Digger-Nugget-Puppet-Plastic-Shake abgefuckt, dazu gibt’s Low-Cholesterol-Whitener und Fatfree Sugar. Sein persönlicher Chinese gibt Kari noch die letzten Vorschläge in Sachen Drachen. Hier wird noch ein Hundert-Dollar-Bergdiamant transzendent platziert, da noch ein Spiegel in E-Dur gestimmt.
Und fertig lustig ist das neue Konzept von Kari Koch, den bisher alle nur Kari nannten. Der Sternen heisst jetzt Loft, der Kari „Doof“ und alles zusammen nennt man „Fju-schän“. Schon wurde der erste Trendforscher beobachtet, wie er sich mit angeklebtem Bart und geschminkten Oberlippen heimlich Notizen machten.

Ich mag Experimente. Früher mit dem Chemiebaukasten und heute mit Worten. Die Resultate mussten jedoch nie gegessen werden. 

Aus dem Buch Hühnerbrust und Federkiel
von Hanspeter Gsell, erschienen bei BoD, Norderstedt


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.