Vom Autor des Reiseverführers
IMMER WIEDER FERNWEH - Logbuch eines Inselsammlers
Hanspeter Gsell
Fju-schän
Als Wahlbasler sind mir natürlich Fusionen wirklich nicht fremd. Auch mein Freund Kari Koch fusioniert zurzeit. Nein, weder mit dem Sternen vis-à-vis noch mit seiner Darlehensbrauerei. Zusammen mit seinem Koch aus Indien, der Putzhilfe aus Brasilien und dem bosnischen Kellner hat er die Küche neu erfunden. Nein – nicht einfach eine weitere „Cross-over-Cuisine“ sondern ein wahrhaftiges „Cook-over“ mit eurasischen Wurzeln und südamerikanischen Einflüssen, fusioniert mit der helvetischen Rösti, dem einheimischen Albeli und der traditionellen Plätzliküche.
Ein kulinarisches Feuerwerk aus New Cuisine, Tante Martas
Eintopf und dem Rest der Welt. Samba tanzende Blutwürste, Wodka-Maggronen und
Kokosnuss-Rösti mit Birkenblütensauce verführen zur Völlerei. Papageien-fischfilets
auf ihren weichen Betten aus Suurchabis, koreanische Pudelbäggli mit Rheintaler
Ribel, Hackbraten souffliert von indischen Grazien und dahin gestreckt auf Palmwedel-Gemüse
mit Munggenfett. Das Kalbshirni auf einem Mangobettlein mit Grünkerz-Haferfett
aus Turkmenistan und einem Yak-Schnitzeli mit Boskop-Muus und „Osso mit Bucco
voll“.
Auch Karis New-World-Coffee-Shop-Outlet
ist wahnsinnig im Trend. Das Mucheli heisst jetzt neu „Schuumstöffli“ und aus
dem Kaffi fertig wird ein Mountain-Chicken-Flavor-Happy-Hippo-Drink.
Die Schale Gold wird mit dem Digger-Nugget-Puppet-Plastic-Shake
abgefuckt, dazu gibt’s Low-Cholesterol-Whitener
und Fatfree Sugar. Sein persönlicher Chinese gibt Kari noch die letzten Vorschläge in Sachen
Drachen. Hier wird noch ein Hundert-Dollar-Bergdiamant transzendent platziert,
da noch ein Spiegel in E-Dur gestimmt.
Und fertig lustig ist das neue Konzept
von Kari Koch, den bisher alle nur Kari nannten. Der Sternen heisst jetzt Loft,
der Kari „Doof“ und alles zusammen nennt man „Fju-schän“. Schon wurde der erste
Trendforscher beobachtet, wie er sich mit angeklebtem Bart und geschminkten
Oberlippen heimlich Notizen machten.
Ich mag Experimente. Früher mit dem Chemiebaukasten und heute mit Worten. Die Resultate mussten jedoch nie gegessen werden.
Aus dem Buch Hühnerbrust und Federkiel
von Hanspeter Gsell, erschienen bei BoD, Norderstedt
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