Mittwoch, Januar 09, 2019

Ulithi 31

Dekadenz (II) Fortsetzung vom Ulithi 30

Bei der Dekadenz handelt es sich um einen kulturellen Zustand, der als durch Überfeinerung in Lebensgewohnheiten und Ansprüchen entstandener Verfall angesehen wird.
 

"Auf der Insel Yap servieren uns barbusige Jungfrauen europäischen Blauschimmelkäse, angerichtet auf Platten aus Steingeld. Den fantastischen österreichischen Riesling trinken wir aus dem Degustationsglas von Riedel."
Soweit die Menükarte des Wahnsinns.

Im Land der Kokosnüsse sollten also Käse und Wein degustiert werden. Der Aufwand war riesig. Alles musste aus dem Flieger ausgeladen und verzollt werden: Die Rechnung sei gewaltig gewesen, so der Manager des Resorts, wo die holde Gesellschaft übernachtete und eine «sinnliche Degustation» erleben sollte.

Viele Flaschen des köstlichen Rieslings blieben in Yap zurück. Eine Wiederausfuhr wäre zu kostspielig gewesen. Vielleicht aber gibt es noch andere Gründe ... Ich konnte eine der zurück gebliebenen Flaschen versuchen; hier mein Degustationsprotokoll:

 

Riesling Landhaus Mayer 2017
Qualitätswein, trocken, 12.5 %, aus Niederösterreich

 
Auf der Etikette ein zotteliges, ungeschorenes Wesen mit kleinen Ohren und dem dümmlichen Blick eines Schafes.
 
 
 
 
 
 
 

Auf der Rücketikette salbadert ein Texter:

«Dieser Riesling bringt die mineralischen und vielschichtige Böden seiner Heimat Niederösterreich bestens zum Ausdruck. Animierend sein klarer Duft nach saftigem Steinobst und zitroniger Frische, faszinierend sein athletischer Körper und vitaler Stil. Ein Wein für anregenden Genuss.»




Was soll man nur zu einem solchen Text sagen? Was zum Beispiel meint man mit vielschichtigen Böden? Welche der offensichtlich in grosser Zahl vorhandenen, heimatlichen Schichten, soll bitte was genau zum Ausdruck bringen?

Animierend? Ich brauche keinen Wein der animiert, das mach ich schon selbst. Saftiges Steinobst? Zwetschgen und Kirschen im Wein? Nein danke! Auch die Zitrone hat im Wein nichts zu suche. Höchstens in einem gespritzten Weissen, einer Weinschorle.

Und weshalb soll ein Wein einen athletischen Körper haben? Stellen Sie sich dies jetzt plastisch vor. Sie sehen wirklich einen Körper? Das wird dann wohl eher der Geist des Weines sein, der ihnen eben erschienen ist!

 

Lieber Herr Mayer,

Sicher haben Sie einen wunderbaren Wein gekeltert. In Niederösterreich und angrenzenden Regionen wird er manches Gericht perfekt begleiten. In den Tropen jedoch haben solche Weine nichts zu suchen. Weissweine in den Tropen schmecken nur «on-the-rocks», auf Eis serviert. Was aber hat dort ihr athletischer Körper zu suchen, Herr Mayer? Richtig! Gar nix.

 
P.S. Diese Reise hat wirklich stattgefunden. Die Details dazu wurden von mir frei erfunden.
P.P.S. Den beschriebenen Wein habe ich bei 32 Grad Celsius degustiert. (Das Verb degustieren verwendet man nur in der Schweiz. In Deutschland nennt man den Vorgang verkotzen, ähh, natürlich verkosten.

Die Geschichte des Donner-Machers.
Die unheimliche Geschichte eines Magiers in Ulithi.
 
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